Der BDB-HESSENFRANKFURT ist der Verband für Architekten, Ingenieure und Unternehmer, der im wesentlichen die Interessen der kleinen und mittleren Büro- und Firmengrößen im Blick hat. Es sind insbesondere die kleinen und mittleren Büros, die für den privaten Bauherrn Baumaßnahmen betreuen und es sind die kleinen und mittleren Baufirmen, die diese Baumaßnahmen dann ausführen. Sie machen die Baukultur vor Ort aus. Elke Rühl, Architektin BDB, hat das, was sie bei Ihrer täglichen Arbeit an Erfahrungen macht, abgeglichen mit dem, worauf Schwerpunkte der Architektenkammerarbeit liegen und in einem Gedankenimpuls uns ihre Sicht der Dinge zukommen lassen:
Es ist eine sehr emotionale Zusammenstellung von Themen (ins Unreine geschrieben), die mich und viele Kolleginnen und Kollegen bewegen. Gedacht als Impuls, den Sie gerne aufnehmen, mit Ihren eigenen Erfahrungen abgleichen und mir Ihre Kommentare zukommen lassen können.
Das bewegt mich und viele Kolleginnen und Kollegen:
Die Architektenkammer befasst sich in ihrem aktuellen Programm mit so bezeichneten zukunftsrelevanten Themen des Bauens (Bsp. Taxonomie in der Berufspraxis und BIM-Modellen).
Das sind für unser aller Zukunft und unser Klima sicher äußerst wichtige Themen der Weltpolitik, aber wo bleiben wir Architekten und Architektinnen in unserem täglichen beruflichen Umfeld, ich finde unsere Sorgen und Nöte hier nicht wieder.
Als engagierte Netzwerkerin höre ich mich in meinen unterschiedlichen Netzwerken um und habe hier nur eine kleine Auswahl von Anregungen und Rückmeldungen aufgegriffen und gebe diese sehr vereinfacht wieder:
Ganz vorne stehen:
• die Wahrnehmung / Darstellung unseres Berufsbildes in der Öffentlichkeit. Es wird als eher negativ empfunden (O-Ton Bauherr: wozu braucht man eigentlich Architekten?)
Dazu sollte es einmal eine Aussprache geben – wie kann man unser Berufsbild besser in der Öffentlichkeit darstellen (Bsp. Ärztekammern organisieren Werbekampagnen für ihre Mitglieder).
Aber was lässt uns in unserem Beruf so „alt aussehen“? z.B:
• die erschwerten Arbeitsbedingungen für Architekturbüros -verstärkt durch Corona- seit 2020. (Baustoffmangel/sichere Zeitplanung nur sehr schwer einzuhalten / Baukosten sind „explodiert“) – könnte man noch um einiges ergänzen oder konkretisieren!
• …und ganz wichtig die Bürokratie / die Behörden: Seit Corona funktioniert hier gar nichts mehr (wenige bis keine Termine möglich, wenige, verspätete bis keine Rückmeldungen, schlechte Kommunikation = Planungsunsicherheit) Bauanträge liegen endlos, bis überhaupt eine Rückmeldung kommt. Nachforderungen werden oft an der Grenze zur 3 Monatsfrist gestellt!
Behörden gängeln die Architekten, um ihre eigene Unsicherheit zu überdecken? Immer mehr Sachverständige und weitere Behörden, bis hin zum RP, müssen an kleinsten Bauvorhaben beteiligt werden.
Man sollte sich die Frage stellen, ob die Behörden personell inzwischen zu gut ausgestattet sind?
Selbst erfahrenen Büros (ich erstelle seit ca. 30 Jahren Bauanträge) werden von den Bauämtern durch unklare Vorgaben, unzählige Satzungen und nicht wissende Sachbearbeiter, Steine in den Weg gelegt.
Das lässt uns als Planerinnen und Planer wie Anfänger aussehen. Bauvorhaben werden dadurch unnötig verzögert und Kosten in die Höhe getrieben.
Dagegen stehen die Leistungsphasen 1-4 (und vor allem die Lph 4) in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand für Entwurf und Planung eines genehmigungsfähigen Bauantrags.
• der aus all diesen Punkten resultierende hohe Planungs- und Zeitaufwand, der erhöhte Aufwand für Kommunikation (unzählige Telefonate und Emails) für unsere Büros, bildet sich leider nicht in der Honorarordnung, bzw. generell nicht bei der möglichen Rechnungs¬stellung ab (eher das Gegenteil ist der Fall….es wird bei den Planungskosten gespart) Immer weiter steigende Stundensätze sind schwer zu vermitteln. Bauherrn mischen sich ein, wollen am Honorar sparen, da sie die Architekten in Bezug auf die Bauämter als unzulänglich wahrnehmen. Handwerker werden im Internet „gecastet“ Deren Fehler dürfen wir dann auch noch nachbessern. Auch hier hinkt die HOAI um Längen hinterher! (Stundensätze von unter 40,00€ sind bei der LPH 8 durchaus möglich).
Diese Liste könnte noch mit vielen Beispielen ergänzt werden, aber das sprengt den Rahmen…
Viele Kollegen und Kolleginnen arbeiten, wie ich mit meinem Büro, am Rande der Belastungsgrenze!
Der Spagat zwischen den Anforderungen an uns Architekten, den vielfältigen Herausforderungen unseres Arbeitsumfelds und letztendlich der nicht mehr auskömmliche Honorierung, wird immer größer und geht an unsere Existenz und letztendlich an die Gesundheit!
Wir müssen darüber reden, damit unser, an sich schöner und anspruchsvoller Beruf, nicht zwischen der ‘Weltpolitik‘ und unseren täglichen Herausforderungen zerrieben wird.
Elke Rühl, Architektin BDB
Mitglied der Vertreterversammlung der Architektenkammer Hessen