In der Frankfurter Allgemeine findet sich am 04.07.2019 ein Artikel zur EuGH Entscheidung hinsichtlich der europarechtlichen Bewertung der HOAI. Der Hamburger Baurechtler Friedrich-Karl Scholtissek begrüßt dort das Urteil und wird folgendermaßen zitiert:
„Es (das Urteil) zwinge Architekten dazu, Kalkulationen anzufertigen, und es rege das unternehmerische Denken dieses Berufsstandes an. Bauherren (…) können damit rechnen, dass Architektenleistungen zumindest vorübergehend billiger werden (…).“
Diese vernichtende Einschätzung unseres Berufsstandes reiht sich leider in persönliche Erlebnisse ein, wie dieses im Rahmen einer beruflichen Verbandsveranstaltung, an der ich kürzlich teilnahm und bei der das Gespräch auf den Vergleich von freien Berufen untereinander kam. Dabei wurde von einem ranghohen Verbandsvertreter mit entschiedener Überzeugung hervorgebracht, dass der Architektenberuf grundsätzlich nicht allzu anspruchsvoll sei und hinsichtlich der Qualität seiner Ausbildung und den Anforderungen im Beruf anderen freien Berufen, wie beispielweise Ärzten, nicht annähernd das Wasser reichen könnte.
Nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen wie es um das Ansehen des Architektenstands in der breiten Öffentlichkeit steht, denn….
- wer weiß schon um die Haftungsrisiken von uns Planern aufgrund der Fesseln und Knebeln des Werkvertragsrechts sowie jahrzehntelanger Verjährungsfristen von Planungsfehlern, die teilweise die von Schwerverbrechen übertreffen?
- wem ist bewusst, dass die Baubranche mit über 20.000 Vorschriften im Allgemeinen und die Architektur im Speziellen mit kaum weniger Vorgaben jede andere Branche hinsichtlich der Regulierung um das Vielfache übertreffen? Dabei ist nicht nur die schiere Anzahl an Vorschriften unzumutbar, viel schlimmer noch sind die immer häufiger auftretenden nicht zu lösenden haftungsrelevanten Widersprüchlichkeiten der Vorschriften untereinander.
- und wer kann sich angesichts solcher beruflichen Rahmenbedingungen schon vorstellen, dass das Auskommen von selbstständigen Architekten meist nur ein Bruchteil anderer freier Berufe beträgt und sich das bundesweite Durchschnittsgehalt eines angestellten Architekten auf dem Niveau von Krankenpflegekräften bewegt – und das bei Arbeitszeiten, die in den meisten anderen Branchen als unzumutbar gelten würden?
Hier gilt es für mich anzusetzen und anzupacken. Das öffentliche Bild von uns Architekten muss geradegerückt werden, damit wir Gehör in Gesellschaft und Politik erlangen. Das wäre der erste Schritt um unsere berufliche Situation umfassend und nachhaltig verbessern zu können. Hierfür möchte ich mich als neu gewähltes Vorstandsmitglied der Hessischen Architektenkammer mit ganzer Kraft in den nächsten Jahren einbringen.
Tobias Rösinger
ARCHITEKT BDB
Vorstandsmitglied BDB-HESSENFRANKFURT e.V.
Referat Baumeister (Projektentwicklung/gewerbliche Architekten)