Im Titelbeitrag der Ausgabe 08.2023 des BAUMEISTER DIALOG haben wir angesprochen, daß seit Corona eine Dysfunktion bei vielen Behörden festzustellen ist. Trotzdem seit langem alle Coronamaßnahmen aufgehoben wurden, ist die alte Normalität nicht zurückgekehrt in den Bearbeitungsablauf bei vielen Behörden.
Architekten berichten, daß Mitarbeiter der Bauaufsichten schwerer zu erreichen sind als früher. Teilweise befinden sich Mitarbeiter im Homeoffice und haben dort aber keinen Zugriff auf die Akten im jeweils angesprochenen Verfahren. Die Erteilung von Auskünften ist dann nicht möglich und Bearbeitungsabläufe werden massiv verzögert.
Homeoffice ohne eine entsprechende Digitalisierung des Workflows und ohne den Zugriff auf alle Unterlagen vom Heimarbeitsplatz aus ist nicht sinnvoll. Dort wo im Homeoffice nicht die gleichen Arbeitsergebnisse erzielt werden können wie bei Präsenz im Amt, muß Homeoffice wieder reduziert werden und die Bauantragsbearbeitung wieder in das Amt verlagert werden.
Auch die zu langen Bearbeitungszeiten erklären sich nicht mehr. Aufgrund der Zurückhaltung der Projektentwickler, Bauträger und institutionellen Immobiliengesellschaften werden immer weniger Baugenehmigungen beantragt. Man könnte erwarten, daß in gleichem Maße sich die vorhandenen Kapazitäten auf die wenigen Bauantragsverfahren verlagern und damit diese viel schneller und unkomplizierter abgewickelt werden können. Doch das scheint nicht der Fall. Viele Architekten berichten, daß die Bearbeitungszeiten sich nicht spürbar verkürzen und auch keine größere Hinwendung zu den weniger werdenden Bauantragsverfahren zu erkennen ist.
In Zeiten rückläufiger Baukonjunktur sind schnelle und unkomplizierte Bauantragsverfahren notwendig, um die weniger werdenden Bauprojekte schnell an den Markt zu bringen und so bauwirtschaftliche Kapazitäten zu erhalten.
Die Wahrnehmung vieler Architekten ist, daß der konstruktive Dialog zwischen Architekt und Behörde immer mehr zurückgedrängt wird. Zusehens öfter wird der Behördenvertreter als Hürde, die es zu nehmen gilt, wahrgenommen. Immer weniger scheint er Dialogpartner auf dem Weg zur Baugenehmigung sein zu wollen.
So wurde uns über die Bauaufsicht des Main-Taunus-Kreises berichtet, daß dort Bauberatungen mit Verweis auf Personalengpässen gänzlich abgelehnt wurden. Unklar ist, ob diese Positionierung gegenüber den Kunden – den Bauherrn und den Architekten – neue Vorgabe der Amtsleitung ist oder ungewünscht auf Sachbearbeiterebene so gelebt wird.
Wir hoffen auf den Konsens, daß der Dialog auf Augenhöhe Grundlage für das Miteinander von Architekt und Bauaufsicht sein sollte. Dazu gehört auch, behördenseitige Forderungen mit gesetzlichen oder satzungsbezogenen Vorgaben zu erklären und nicht unbegründet Forderungen zu formulieren.
Notwendige Voraussetzung für die schnelle und sichere Bearbeitung von Behördenvorgängen ist auch das fachliche Beurteilungsvermögen und die Erfahrung in bauaufsichtlichen Verwaltungsvorgängen. Vermehrt wird von Architekten berichtet, daß im direkten Gespräch mit Sachbearbeitern in Bauaufsichtsbehörden zunehmend öfter auf höhere Verwaltungsebenen verwiesen wird und weniger in eigener Verantwortung bearbeitet wird. Wahrnehmbar öfter werden bei einfachen Sachverhalten andere Behörden zu Stellungnahmen angefragt und deren Positionierung zur notwendigen Voraussetzung für eine weitere Bearbeitung gemacht.
Wir brauchen wieder mehr Bearbeitungsbefugnisse beim Sachbearbeiter, der direkter Dialogpartner des Architekten ist.
Und ein letzter, immer wieder vorgetragener Punkt, der sich letztendlich nur aus der Wahrnehmung einer Machtposition heraus erklären läßt, ist die Platzierung von Gestaltungswünschen mit dem Ausblick auf beschleunigte Bearbeitung. Bisweilen werden Forderungen formuliert, die sich nicht mit gesetzlichen Vorgaben, mit Erlassen oder Satzungen begründen lassen. Eine schnellere Bearbeitung wird in Aussicht gestellt, wenn eine Überarbeitung der Bauantragspläne erfolgt und diese im von der Bauaufsicht formulierten Sinne neu eingereicht werden. Vielen Bauherren, für die Zeit ohne Baugenehmigung Geldverlust bedeutet, fügen sich widerwillig dem aufgezeigten Weg.
Die Bearbeitung von Bauanträgen darf sich ausschließlich an Vorgaben des Gesetzgebers und der Gemeinde orientieren. Forderungen, die nicht daraufhin begründet werden können, dürfen nicht über sanften Druck Eingang in Bearbeitungsabläufe bei der Bauaufsicht finden.
Die aktuelle Krise der Bauwirtschaft erfordert es, daß die Akteure der Branche wieder enger zusammenrücken und das Ziel, zu bauen, wieder stärker in den Blick Ihrer Handlungen nehmen. Die Politik muß dort, wo Sie Leitlinien für Behördenhandeln vorgeben kann, Zielsetzungen klar formulieren und ihre Bauaufsichten zu Mitwirkenden des gemeinsamen Ziels machen.
Unser Ziel ist: Bauen.
BDB-HESSENFRANKFURT