Das 2016 vom grünen Planungsdezernenten Olaf Cunitz für den Frankfurter Norden angestoßene Innovationsquartier sollte Modellstandort hinsichtlich Bauweise, Energieeffizienz und Mobilität werden. In die Entwicklung des heute als Günthersburghöfe bezeichneten Areals ist viel Fachverstand, Planungsgeist und Geld geflossen. Aktuell ist die Umsetzung ungewiss. Die Grünen in Frankfurt hatten sich Ende letzten Jahres überraschend gegen das vorliegende Projekt ausgesprochen.
Dabei scheint man doch alles richtig gemacht zu haben, nachdem der städtebauliche Entwurf zum Magistratsbeschluß 2016 (oben links) politisch keine Akzeptanz fand und in seiner ursprünglichen Form abgelehnt wurde. Als 2017 die Stadtverordnetenversammlung die Aufstellung zum Bebauungsplanverfahren beschloss, war dies mit vielen Anforderungen zu Planung, Verkehr, Klima und Ökologie verbunden. Ein städtebaulich-landschaftsplanerischer Wettbewerb mit Bürgerbeteiligung wurde ausgelobt – die Bürgerdialoge fanden im Stadtplanungsamt statt. Ergebnis dessen war das städtebauliche Konzept ‘Die Günthersburghöfe‘ (oben rechts).
Ökologie und Klima vorbildlich einbezogen
Bereits in der Bearbeitungsphase fanden klimatische Simulationen der Wettbewerbsarbeiten im Rahmen einer Begleitung durch ein Fachbüro statt. Die Simulationen haben Eingang in die städtebaulichen Planungen gefunden. Eine nachteilige Beeinflussung der Frischluftschneise zur Belüftung der Innenstadt ist nach Einschätzung der Experten nicht zu erwarten.
Zu Flora und Fauna wurden umfangreiche Gutachten durch das Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt erstellt. Die Ergebnisse sind Grundlage für Planungen des Gesamtprojektes: Schützenswerte Bäume und vorhandene Biotop- und Bodenstrukturen werden auf rund 17.000 qm ‘Gartenwildnis‘ erhalten. Dachflächen und 25% der Gesamtfassadenflächen werden dauerhaft mit Rank- oder Kletterpflanzen begrünt.
Eine aufwendige Regenwasserbewirtschaftung sorgt dafür, das Regenwasser nicht abgeführt wird, sondern im Gebiet bleibt. In den Freiflächen sind dafür Versickerungsbereiche, Mulden und Wasserläufe vorgesehen.
Das Mobilitätskonzept fördert öffentlichen Personennahverkehr und das Rad und beschränkt Autoverkehr auf wenige Straßen und Gemeinschaftstiefgaragen.
Mehr Grün geht nicht.
Rund 1500 Wohnungen für Frankfurt
Frankfurt braucht Wohnraum. Das ist unumstritten. Auf dem Areal an der Friedberger Landstraße südlich des Wasserpark sollen rund 1500 Wohnungen entstehen – 250 davon für genossenschaftliche und gemeinschaftliche Baugruppen, 500 sozial gefördert. Zurecht weist Planungsdezernent Josef darauf hin, daß das mehr sozialer Wohnungsbau ist, als im Nordend in den letzten 20 Jahren entstanden ist. Wer soziale Durchmischung und Diversität ernst meint, kann das nicht ablehnen.
Bis zu 3000 Menschen werden in dem Quartier ein neues Zuhause finden. Neue Kitas und Schulen sollen im Zuge der Maßnahme entstehen und die Versorgung auch im angrenzenden Nordend verbessern. Städtebaulich zweifelsohne alles positive Impulse.
Wer das Projekt ablehnt, muß sagen wie es gehen soll.
Wer Luft zum Atmen gegen Raum zum Wohnen ausspielt, handelt populistisch und nicht im Sinne einer dringend erforderlichen städtebaulichen Entwicklung für Frankfurt. Allein der Wunsch, Ökologie und Ökonomie miteinander versöhnen zu wollen, reicht nicht. Es müssen realpolitisch Wege aufgezeigt werden, wie das erfolgen soll.
Der Vorwurf der Projektgegner an die Befürworter, alles zuknallen zu wollen, ist undifferenziert und wird den vielen positiven Ansätzen des Konzeptes, den Stadtraum im neuen Quartier ökologisch auszugestalten, wahrlich nicht gerecht.
Wie verläßlich ist Politik?
Städtebauliche Großprojekte haben allgemein einen langen Planungsvorlauf. Die anschließende Realisierung erstreckt sich nicht selten dann noch über mehrere Jahre. Es ist nicht möglich, während der gesamten Projektzeit tagesaktuell die politische Großwetterlage in Form von Neu- und Umentscheidungen einfließen zu lassen. Wer die Tür dafür aufmacht, der macht Projektentwicklung unkalkulierbar und unwirtschaftlich – und privates Engagement höchstwahrscheinlich ganz unmöglich. Es braucht ein gesellschaftliches Klima, in dem das Ergebnis eines langen Abstimmungsprozesses allgemein auch anerkannt und der Wettstreit der verschiedenen Interessen in der Dialogphase mit dem Kompromiss befriedet wird. Immer öfter ist aber festzustellen, daß Ergebnisse nach Abschluß eines politischen Willensbildungsprozesses erneut in Frage gestellt werden oder der erreichte Konsens abgelehnt wird.
Gut ist die Entwicklung nicht.
BDB-HESSENFRANKFURT