In der Schule sollen die Grundlagen für den mündigen Staatsbürger genauso gelegt werden wie die Vermittlung der unabdingbaren Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen. Zugleich aber hat Schule auch die gesellschaftlichen Aufgaben der Integration, der Selektion und der Allokation. Da offensichtlich das Streben der Eltern und Schüler zunehmend nur das Abitur als den angemessenen Schulabschluss zulässt und die Weichenstellungen in der Schule mittels einer reellen Leistungsbewertung nicht mehr richtig verfängt, ist die ausbildende Wirtschaft darauf verwiesen, ihre Angebote und Berufswege Schülern, Eltern und Lehrern offensiv und direkt nahezubringen. Die Vermittlung der beruflichen Chancen außerhalb der Hochschulausbildung stellt die Methode dar, die genutzt werden kann und soll. Das ist eine qualifizierte Beratung der jungen Menschen über die Berufsausbildung, um qualifizierte Fachkräften für nicht zuletzt die handwerklichen Berufe zu finden, sie dafür zu interessieren und zu gewinnen.
Meine Erfahrungen resultieren daher, dass ich sowohl als Lehrer an Gymnasien und einer Integrierten Gesamtschule als auch als schulfachlicher Dezernent im Staatlichen Schulamt in Hanau tätig war. Das bedeutet, dass ich um die Notwendigkeit der Berufsberatung weiß, aber auch ihre Wirksamkeit zu beurteilen vermag. Wenn Schule und Lehrkräfte nicht Schüler und Eltern für eine umfassende Beratung gewinnen können, was wiederum nur zusammen mit den Einrichtungen der Wirtschaft an Effektivität gewinnen kann, wenn also dieser breite Ansatz nicht realisiert wird, dann läuft der Aufwand Gefahr, vergeblich zu sein. Das zeigt die hohe Quote der Studienabbrecher genauso wie die zunehmende Zahl orientierungsloser Abiturienten. Das zeigt die oftmals zu beobachtende Selbstüberschätzung von Haupt- und Realschülern, denen es am Lernwillen für die für sie sinnvollen beruflichen Ausrichtung ihrer eigenen Zukunft mangelt. Diese lässt sich zum Beispiel auch nicht dadurch kompensieren, dass immer weiter schulische Angebote wahrgenommen werden, um sich ja nicht der beruflichen Realität stellen zu müssen.
Diese Fehlallokationen, die auch durch eine defizitäre Selektion bedingt sind, sollten schulpolitisch thematisiert und geändert werden. Solange dies jedoch in der Schwebe bleibt (die Diskussion in Sachen Abitur z. B. hat gerade erst begonnen…), solange ist man auf den Weg der Werbung für den Fachkräftenachwuchs durch Beratung verwiesen.
Erich Schleßmann
Leitender Schulamtsdirektor a.D.
Koordinator ‚AKTION ZUKUNFT FACHKRAFT‘
BDB-HESSENFRANKFURT