Die aktuellen Zahlen zu Wohnbaugenehmigungen in Hessen sind alarmierend: 2023 gab es 24% weniger Baugenehmigungen als im Vorjahr. Ende Februar haben die führenden Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft in Hessen mit großer Besorgnis auf diese Entwicklung hingewiesen und die Politik zum Handeln aufgefordert.
Martina Feldmayer, Literaturwissenschaftlerin und Sprecherin für Umwelt, Klimaschutz, Wohnen und Verbraucherschutz der Grünen Landtagsfraktion, hat sich im Gespräch mit dem BDB-HESSENFRANKFURT zur aktuellen Situation der Bau- und Immobilienbranche positioniert:
„Die Bau- und Immobilienbranche ist uns wichtig für den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Sowohl Neubau als auch der Gebäudebestand sind dafür relevante Bereiche. Wir schaffen die Wende im Gebäudesektor nur mit den Fachleuten der Baubranche zusammen,“ so Feldmayer mit klarer wertschätzender Aussage gegenüber den Bauschaffenden im Gespräch mit dem Vorstand des BDB-HESSENFRANKFURT.
Um positive Signale in die Branche zu senden, braucht es aber in den aktuell schwierigen Zeiten mehr, als allgemeine Bekenntnisse zur Bauwirtschaft. Architekt Carsten R. Kulbe, Architekt BDB und 2. Vorsitzender des BDB-HESSENFRANKFURT will deshalb wissen: „Mit welchen Maßnahmen wollen Sie der sich abzeichnenden, dramatischen Entwicklung in der Branche entgegenwirken?“.
Feldmayer sieht begrenzte Steuerungsmöglichkeiten auf Landesebene. Eine vom BDB-HESSENFRANKFURT geforderte Absenkung der Grunderwerbsteuer wird seitens der Grünen abgelehnt. Die Grünen schlagen stattdessen aber eine Zinsbremse vor, bei der ein Teil der Zinsen einer Immobilienfinanzierung vom Land übernommen wird. Unklar ist, warum damit eine Förderung notwendigerweise an laufende Zinszahlungen gekoppelt werden soll. Die Reduzierung der Grunderwerbsteuer auf das Niveau anderer Bundesländer scheint deutlich einfach und praktikabler zu sein.
Als weitere Steuerungsmöglichkeit sieht Feldmayer noch die HBO. „Wir unterstützen die Bestrebungen, die sich unter dem Oberbegriff ‘Gebäudetyp E‘ zusammenfassen lassen. Wir müssen insgesamt einfacher bauen.“
Ostermann weist in diesem Zusammenhang auf die VVTB hin, die in Hessen so umfangreich sind, wie in keinem anderen Bundesland sonst. „In Hessen wird zu viel und zu leichtfertig private Normung und Regelwerke per Erlaß in Baurecht überführt. Hier muß ein Riegel vorgeschoben werden.“
Enttäuscht zeigt sich der BDB-HESSENFRANKFURT über die zu geringen Fortschritte bei der Umsetzung des digitalen Bauantrags in den Zeiten, in denen das Wirtschaftsministerium grün geführt wurde. „Da ist deutlich zu wenig vorangetrieben worden. Der Digitale Bauantrag war offensichtlich keine Herzensangelegenheit im grünen Wirtschaftsministerium“, so Ostermann.
Letzter Hebel, den die Grünen für die Belebung der Bautätigkeit sehen, ist der Ausbau von Förderprogrammen. Bauen – klimaneutral und nachhaltig – soll stärker als bisher vom Land Hessen gefördert werden.
Verärgert zeigte sich Feldmayer über die fehlende Weiterführung von schon angeschobenen Projekten zum Wohnungsbau: „Wir haben mit dem großen Frankfurter Bogen die letzten Jahre an einem Konzept gearbeitet, mehr bezahlbaren Wohnungsbau, dort wo er notwendig ist, möglich zu machen. Dieses Projekt findet sich nun nicht mehr im Koalitionsvertrag der neuen Regierung. Unsere Befürchtung ist, daß das in der neuen Koalition nicht aufgegriffen und fortgeführt wird. Dabei gehen Chancen für neue Wohnungsbauvorhaben verloren.“ sagt Feldmayer.
BDB-HESSENFRANKFURT