Die neue Frankfurter Altstadt – eine große Sache und eine (sehr) kleine Rede

Paulskirche Frankfurt
Paulskirche Frankfurt

Ja, war das nicht unglaublich bewegend? Wahrhaftes Bilderbuchwetter tauchte das Geschehen ins freundlichste Licht. Blauer Himmel, Sonnenschein, perfekte Temperaturen, eine feierlich dekorierte Paulskirche nebst dekorierten Gästen und ein Tross an Journalisten, die auf den Einzug ehemaliger und des amtierenden Oberbürgermeisters warteten. Geballte Blitzlichter beim Eintreffen der Gladiatoren. Zugegeben, Oberbürgermeister Peter Feldmann trägt sein Ornat dekorativ und die goldene Amtskette funkelte luxuriös. Für einen Moment in der Zeit sah‘s fast so aus, als verwandelte sich das Kettengold in funkelnde Diamanten. Der Moment schien so erhaben, dass selbst die beiden propperen Rentnerinnen in der hinteren Reihe nicht mehr über den „Pedder“ und seine „Unpünktlischkeit“ schimpften. Die Musik setzte pünktlich ein und ebenso pünktlich wieder aus, immer an der richtigen Stelle, was nicht immer der Fall bei Feiern in der Paulskirche ist. Auch die Rede des Oberbürgermeisters war dem würdigen Anlass angemessen, tragend, wenn auch etwas schwülstig. Das „Herz“ und die „Herzen Frankfurts“ waren eine ebenso beliebte wie strapazierte Metapher. Wo das Herz vieler Frankfurter doch angeblich links schlägt, schlägt es jetzt für die Goldene Waage, das Esslinger Haus, das Lämmche und all die anderen Altstadtbauten. Ab sofort beträgt die neue Frankfurter Pulsfrequenz 35 Schläge pro Minute, jedes Häuschen bekommt seinen eigenen Schlag.

Altstadteröffnung - Eintrag ins Goldene Buch
Altstadteröffnung – Eintrag ins Goldene Buch

Zugegeben, die „Retro-Stadt“ (Frankfurter Rundschau) ist pittoresk. Doch was die Stadt am Main „special“ macht, das sind ihre Widersprüche, die Skyscraper, ihre Kratzbürstigkeit, ihre Offenheit allen Nationalitäten gegenüber und auch die vielen Ecken und Enden, die noch wirklich dreckig und staubig sind.

Selbstverständlich gilt es, eine großartige Projektsteuerung unter der Leitung von Michael H. Guntersdorff, herausragende architektonische und handwerkliche Leistungen hervorzuheben. Doch lasst uns nicht vergessen, Frankfurt am Main ist mehr als „retro“, viel mehr.

Altstadteröffnung Paulskirche Frankfurt 28.9.2018, Christoph Mäckler
Altstadteröffnung Paulskirche Frankfurt 28.9.2018, Christoph Mäckler

Um ein Haar wäre alles glattgegangen beim Festakt in der Paulskirche, hätte da nicht der Architekt Christoph H. Mäckler (Vorsitzender des Gestaltungsbeirates der Neuen Frankfurter Altstadt) eine Rede gehalten. Sehen wir einmal darüber hinweg, dass ein wenig Medientraining wie etwa „deutliches Sprechen vor großer Runde“ wünschenswert gewesen wäre. Auch überzeugende Gestik kann man trainieren, muss man aber nicht. Leider war die Rede jedoch inhaltlich nicht gerade „erste Sahne“, um das einmakl salopp zu formulieren. In wesentlichen Teilen erfüllte die Darstellung nicht einmal die Anforderung an einen Proseminaristen im Fach Architekturgeschichte.

Das konnte man gut verstehen
Beginnen wir mit zunächst mit dem Part, der deutlich und klar zu verstehen war. Das war der Werbeblock für das hauseigene Mäcklersche Institut mit präziser Angabe der Adresse. Ob das nun bei einem Festakt in der Frankfurter Paulskirche verkündet werden sollte, darf man hinterfragen.

Das ging schief
Im Wesentlichen bestand die Rede aus zwei Teilen, beginnend mit der Interpretation des „öffentlichen Platzes“. Lobenswertes Beispiel hierfür sei die Neue Frankfurter Altstadt mit der begeisternden Akzeptanz der Öffentlichkeit, was wiederum den urigen Fassaden, Giebelchen und Türmchen geschuldet sei. Folgt man dieser bratkartoffeligen Darstellung – in den Social Media liefen zu dieser Zeit bereits die Drähte mit Beschwerden über „sinnloses Mäandern“ heiß – dann wurde etwa das berühmte Forum Romanum nur deswegen zum beliebten und bewährten Versammlungsort, weil die alten Römer auf Zuckerbäcker-Architektur standen.

Schade eigentlich, vertane Chance. Man ersehnte einen fachkundigen Ghostwriter, der etwa an die Geschichte des öffentlichen Platzes und seine Anforderungen in der Moderne erinnert hätte. Gibt es doch so viel Wichtiges, Aktuelles über die Bedeutung und Akzeptanz öffentlicher Plätze zu sagen, insbesondere unter interdisziplinärer Berücksichtigung der Soziologie, des Klimawandels bis hin zur Fragmentarisierung der Gesellschaft. Fangen wir gar nicht erst mit der Bedeutung öffentlicher Plätze für die Demokratie an! Stattdessen bekommen wir den tumben Satz „der Bürger schätzt den Römerberg und nicht den Riedberg“ um die Ohren gehauen. Ein wahrhaft gockelhaftes Bonmot, werden hier Äpfel mit Birnen verglichen. Der Römerberg ist ein öffentlicher Platz, der Riedberg dagegen ein Stadtteil mit in der Tat baulichen Geschmacklosigkeiten. Doch warum verstört der Riedberg? Vielleicht auch deswegen, Herr Mäckler, weil sich gerade hier Giebelchen an Giebelchen ranken und der architektonische Krautwuchs zur Tagesordnung zählt?

Sorry, Herr Loos!
So seltsam schwummerig die These Nummer 1 auch dahin plätscherte, es kam noch ärger. Da wurde der Wiener Architekt Adolf Loos mit seiner Definition von Kunstwerk im Unterschied zur Architektur zitiert. Zugegeben, Loos war kein Adorno. Sein Verständnis eines Kunstwerkes war seiner Epoche geschuldet und darf und muss heute hinterfragt werden. Die Stärke eines Adolf Loos waren seine grandiosen Bauten. Die allerdings waren auch deswegen grandios, weil sie auf unnötiges Schnickschack verzichteten und sich um eine gradlinigere Architektur ohne Giebelchen und Türmchen bemühten. Nicht von ungefähr lautet das berühmteste Loos-Zitat „Ornament ist Verbrechen!“.
Also, ich weiß nicht, geneigter LeserIn, wie es Ihnen geht, dem Immo-Skandal war das schon peinlich. Sorry, lieber Adolf Loos, wahrhaft ein Grund, sich im Grabe umzudrehen.
„Ei, der Mann ist halt alt“, sagte eine Dame in der Paulskirche, die sich nicht so recht mit dem Gesagten wohlfühlte. Ihr schwante, dass einiges im Argen lag, konnte aber nicht so recht artikuliern, warum und schob es auf ein fortgeschrittenes Lebensalter. Mag sein, liebe Dame, es heißt ja, „Alter schützt vor Torheit nicht“.

Was also kann man tun, um in Zukunft für gedankliche Brillanz und nachhaltigere Reden zu sorgen? Der Immo-Skandal ist überzeugt, auch das wird den Frankfurtern gelingen, schließlich gibt es markante Zuwächse im Büro des Oberbürgermeisters.

Eine Maßnahme wäre schon damit gesetzt: Lasst den Herrn Mäckler nicht mehr ans Mikrophon! Lasst ihn doch in seinem Institut. Und wo wir das in Frankfurt am Main finden, wissen jetzt alle 1000 Gäste, die am 28. September dem Festakt zur Eröffnung der Neuen Altstadt beiwohnten.

Edda Rössler, Roessler ProResult




Frankfurt – Die neue Rolle der KEG: Konversion war gestern, jetzt stehen die Zeichen auf Stadtreparatur und Gemeinwohl

Ab sofort ist ist die KEG (Konversions- Grundstücksentwicklungsgesellschaft) fünf Jahre lang für die nachhaltige Entwicklung Frankfurter Stadtteile zuständig. Dabei kann sie sich eines Liegenschaftsfonds in Höhe von 7 Mio EUR bedienen. Derzeit stehen konkret vier Liegenschaften auf dem Prüfstand, weitere 80 Projekte sind in der Pipeline.

Konversion war gestern, heute geht es um Stadtreparatur und Gemeinwohl Rainer Wrenger (KEG-Chef) und der Frankfurter Bürgermeister Olaf Cunitz (v.l.n.r.)  Foto: Immo-Skandal / ROESSLER PR
Konversion war gestern, heute geht es um Stadtreparatur und Gemeinwohl Rainer Wrenger (KEG-Chef) und der Frankfurter Bürgermeister Olaf Cunitz (v.l.n.r.) Foto: Immo-Skandal / ROESSLER PR

Trotz Wohnungsnot, auch das gibt es in Frankfurt: Alte Gebäude verfallen und Brachflächen dümpeln vor sich hin. Insbesondere in Stadtteilen wie Höchst, Ginnheim, Griesheim, Rödelheim, Sindlingen und Unterliederbach kann man noch immer „schwierige“ Immobilien und Plätze entdecken, berichtet der Frankfurter Bürgermeister und Planungsdezernent Olaf Cunitz auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Rainer Wrenger, dem KEG-Chef. Die Frage lautete daher, wie bekommt man Stadtteilentwicklung und nachhaltiges Wohnen sozialverträglich unter einen Hut. Auf einer Dienstreise nach Antwerpen, so Olaf Cunitz, kam dann die zündende Idee. Warum nicht die KEG, die seit Jahren im Frankfurter Stadtteil Höchst Problem-Immobilien wie etwa den Goldenen Adler wieder auf Kurs bringt, auch mit der Reparatur für weitere Frankfurter Stadtteile beauftragen? Dieser Aufgabe stellt sich ab sofort der sichtlich über das erweiterte Aufgabengebiet erfreute KEG-Chef Rainer Wrenger. „Um Grundstücke zu aktivieren, werden wir als Projektträger tätig. Wir prüfen Potentiale für die Entwicklung und führen eine Wohnnutzung herbei.“

Sozialverträgliche Wohnkonzepte bevorzugt
Interessant an der neuen Konstellation ist zudem, dass gemeinnützige, sozialverträgliche Nutzungen der Immobilien und Flächen im Vordergrund stehen sollen. „Damit betreiben wir Stadtreparatur als Gemeinwohlaufgabe und entwickeln zugleich Flächen für den Wohnungsbau, die im Idealfall an gemeinschaftliche und genossenschaftliche Wohnprojekte gehen. Mit den vom Magistrat beschlossenen Vergaberichtlinien soll sichergestellt werden, dass der Bewerber mit dem besten Konzept und nicht mit dem höchsten Gebot zum Zuge kommt“, betont Olaf Cunitz. Das Angebot an bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt soll in greifbare Nähe rücken. „Während wir mittels Milieuschutzsatzungen in den innenstadtnahen Quartieren aktiv werden, wird die Arbeit der Stadtentwicklungsgesellschaft in den peripheren Stadtteilen tätig – und die gesamte Stadt profitiert.“

Am Rande
Selbstverständlich vergisst man nicht darauf hinzuweisen, dass auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding in Sache bezahlbarer Wohnraum eine Rolle spielt. Deren Pressekonferenz allerdings, auf der der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann zusammen mit dem ABG-Chef Frank Juncker zum Thema „Bezahlbares Wohnen in Frankfurt und Region“ referieren wird, findet aber erst einen Tag später statt. Würde man das Thema “Bezahlbarer Wohnraum in Frankfurt“ unter dem parteipolitischen Deckmantel betrachten, könnte man behaupten: Advantage für Die Grünen! Aber wir sind überzeugt, diese zeitliche Abfolge der Pressetermine sicherlich rein zufälliger Natur ist ;-). Und falls nicht, es kommt ja nicht nur an, wer etwas zuerst oder später sagt. Wichtig ist, dass es realisiert wird. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in der City besteht.

Edda Rössler
ROESSLER PR Die Agentur für Kommunikation und Digitales Business, Frankfurt

P.S. Kennen Sie schon den Immo-Skandal?