auf ein WORT: Till Marwede

DER DIGITALE BAUANTRAG IST DA

Ein erster Erfahrungsbericht

Mit dem Start des Pilotprojekts „Digitaler Bauantrag“ bei der Bauaufsicht Frankfurt haben wir den ersten Antrag für den Neubau einer Kindertages­stätte digital eingereicht. Ein spannender Meilenstein – doch wie läuft das Verfahren ab? Hier unser Erfahrungsbericht:

Schritt 1: Authentifizierung

Aktuell gibt es zwei Methoden zur Identifikation, wobei zukünftig ausschließlich die Authentifizierung über ELSTER vorgesehen ist.

1. Einfaches Verfahren:

Persönliche oder firmenspezifische Daten werden über eine vorgegebene Eingabemaske direkt eingegeben.

2. ELSTER-Verfahren:

Hier ist eine Anmeldung bei ELSTER notwendig. Diese wurde von uns im Pilotversuch nicht verwendet, ist aber langfristig für alle Bauherren und Firmen Voraussetzung. Allerdings stellt sich die Frage, wie gemeinnützige Organisationen (z.B. kirchliche Träger oder Vereine), die keine Steuer­nummer besitzen, integriert werden sollen.

Wer muss sich anmelden?

Sowohl der Entwurfsverfasser als auch der Bauherr benötigen eine Anmeldung. Gerade für Bauherren wird häufig Unterstützung durch Architekten notwendig sein.

Schritt 2: Hochladen der Unterlagen

Die Einreichung erfolgt über das Bauportal Hessen, das die Daten automatisch an die zuständige Bauaufsicht weiterleitet. Die Bedienung ist intuitiv: Unterlagen werden in vorgegebenen Ordnerstrukturen hochgeladen, die logisch aufgebaut sind und den bisherigen analogen „Laufzetteln“ entsprechen. Formulare können direkt im Portal ausgefüllt werden, ohne als separates PDF hochgeladen werden zu müssen. Ein großer Vorteil: Bauherren können alle hochgeladenen Dokumente online einsehen und prüfen und geben diese dann auch frei.

Probleme im Testlauf:

  • Grundstück mit mehreren Flurstücken: Das Portal akzeptierte dies zunächst, erlaubte aber keine korrekte Zuordnung der Flurstücke zu verschiedenen Straßennamen. Eine Korrektur war im Portal nicht möglich, sodass auf ein klassisches PDF-Formular zurückgegriffen werden musste.
  • Bauherren können Dokumente eigenständig löschen oder ersetzen, ohne dass der Architekt eine Benachrichtigung erhält. Das muss geändert werden, um eine klare rechtliche Zuständigkeit sicherzustellen.

Künftig sollte nur eine autorisierte Partei Dokumente verwalten dürfen.

Schritt 3: Abschluss des Antrags

Nachdem der Architekt und der Bauherr den Antrag digital bestätigt hatten, wurde dieser direkt an die Bauaufsicht weitergeleitet.

Ein großer Vorteil: Die sonst üblichen mehrfachen Ausfertigungen entfallen vollständig. Auch die digitale Bestätigung durch den Bauherrn ist zeitsparend, da ihm alle Unterlagen unmittelbar zur Verfügung stehen.

Ein Stolperstein:

Nach vollständiger Einreichung konnten dennoch nachträglich Dokumente hochgeladen werden – für Architekten nützlich, für die Bauaufsicht weniger erfreulich. Ebenso ist die Regelung der Benachrichtigung des Architekten im Antragsprozess unklar, wird er immer zusammen mit dem Bauherren informiert oder nicht? Wer legt dies fest?

Hier sind klare Regelungen nötig, um Verwirrung und zusätzlichen Arbeitsaufwand zu vermeiden.

Fazit

Der digitale Bauantrag ist ein zeitgemäßes, praktisches Werkzeug, das den Prozess der Bauantragstellung erheblich vereinfacht. Besonders positiv fällt der Wegfall von Mehrausfertigungen und die unkomplizierte Nachreichung von Unterlagen auf.

Optimierungsbedarf:

  • Verbesserte Funktionalität bei Grundstücksangaben.
  • Strikte Rechteverwaltung für Dokumentenbearbeitung (Einreichung durch Architekten oder Bauherren, die andere Partei muss bestätigen).
  • Eine einheitliche, digitale Kommunikation mit der Bauaufsicht über das Portal (aktuell noch nicht möglich)
  • Der Schritt über die Antragsannahme könnte in Zukunft mit dem digitalen Bauantrag entfallen.

Trotz kleinerer Mängel ist der digitale Bauantrag ein großer Schritt in Richtung effizienter und moderner Bauverwaltung und bringt Erleichterungen für die Beteiligten!

Till Marwede

ARCHITEKT BDB
2. Schatzmeister BDB-HESSENFRANKFURT




auf ein WORT: Elke Rühl

Ihre Zustimmung hat uns Mut gemacht
DIE RICHTIGEN FRAGEN STELLEN

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sie kennen mich vielleicht von meinem letzten Beitrag an dieser Stelle.
Im Sommer 2023 hatte ich mir im BAUMEISTER DIALOG, in einem spontanen Impuls, meinen „Frust von der Seele geschrieben“.

Nach knapp 5 Jahren in der Vertreterversammlung der AKH, hatte ich den Eindruck, dass die Kammer unsere eigentlichen Interessen und unsere Bedürfnisse als Architekten und Architektinnen nicht wahrnimmt. Vielmehr werden universelle Themen behandelt, die wir eher in der „großen“ Politik beheimatet sehen.
Aufgrund der Pandemie tat sich auch in den Ausschüssen/Expertenpools erst einmal wenig und die AKH war sehr mit der Sanierung des Kammergebäudes beschäftigt…das alles war für mich der Anlass, dies einmal öffentlich auszudrücken.
Auch hatte ich das Gefühl, dass wir als relativ kleine Abordnung unseres Verbands (mit nur 3 Mitgliedern in der Vertreterversammlung) wenig bewegen konnten.

Doch nach der Veröffentlichung meines Beitrags, erlebten wir viel Zustimmung und es erreichten uns Erfahrungsberichte aus anderen Büros, die meine Wahrnehmung bestätigten.
So erreichte der Beitrag auch Architekten und Architektinnen aus anderen Verbänden, die ähnliche Erfahrungen teilen, wie die, die ich mit meinem Büro erlebt und erlitten hatte.
Ihre Zustimmung, Ihre Erfahrungsberichte, teilweise in spontanen Kontaktaufnahmen nach der Veröffentlichung meines Beitrags, hat mich und uns alle sehr beeindruckt und gestärkt.
Darunter war eine große Vielfalt von Büros, von inhabergeführten kleineren Büros bis hin zu großen Architekturbüros (>10 MA).

Alleine können wir wenig bewegen, aber gemeinsam (mit unseren Verbänden) sind wir eine große Gruppe von Menschen, die das Bauen und Wohnen und damit auch das Leben der Menschen in unserem Land möglich und auch besser machen wollen.

Das alles hat mir, hat uns allen Mut gemacht, weiterzugehen und den „Finger in die Wunde zu legen“.
Mit unserem Verband, dem BDB-HESSENFRANKFURT konnten wir mit Ihrem Rückhalt bereits einiges „anschieben“. Mittlerweile gehöre ich dem Vorstand als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit an.
Auf Initiative unseres Vorsitzenden, Andreas Ostermann, gingen wir in den Dialog mit den Amtsleitungen von Bauämtern (erst einmal in Wiesbaden und Frankfurt) um über das leidige Thema: Bürokratie und Digitaler Bauantrag zu sprechen.
Am „Runden Tisch“ in Wiesbaden konnten diese konstruktiven Vorgespräche, gemeinsam mit dem BDA vertieft und konkretisiert werden.
Hier gehen Behörden, Planerinnen und Planer gerade aufeinander zu und nähern sich an.

Ihre Rückmeldungen zu unseren Beiträgen, Ihre Unterstützung, haben unsere Verbandsarbeit gestärkt, nicht zuletzt mit dem guten Wahlergebnis für den BDB-HESSENFRANKFURT, sodass wir in der neu gewählten Vertreterversammlung, jetzt mit 6 aktiven und engagierten Menschen vertreten sind.

Voller Enthusiasmus und gestärkt sind wir vollzählig in die neue Legislatur gestartet. Wir konnten die richtigen Fragen an den neuen Kammer­präsidenten stellen und gute Gespräche mit anderen Verbänden führen.

Wir sind voller Zuversicht, dass wir in dieser Stärke und gemeinsam mit anderen Verbänden, doch etwas bewegen können.

Es gibt noch genug zu tun, die alten Themen stehen immer noch auf der Agenda:

  • zu viele unübersichtliche Gesetze und Verordnungen 
  • eine Honorarordnung, die unseren tatsächlichen Aufwand weiterhin nicht abbildet

und nicht zuletzt

  • die mangelnde Anerkennung und auch Wertschätzung unserer Leistungen (nicht nur im Finanziellen)

Wir Architektinnen und Architekten sind Universalisten und Netzwerker:

  • verhandeln gekonnt und immer im Sinne der Bauherrschaften
    mit Behörden, mit Firmen und Fachplanern.
  • begleiten die Menschen die ihr „großes Lebensprojekt Bauen“ starten
    kompetent und mit psychologischem Feingefühl.
  • stellen Teams (aus Statikern/Energieberatern/Brandschützern und weiteren Fachplanern) zusammen, die gut und reibungslos im Projekt zusammenarbeiten können.
  • halten die ständig steigenden Baukosten im Blick
    und suchen Lösungen im Sinne der Bauherrschaften.
  • überwachen die Firmen bei den Bauarbeiten mit vielen Unwägbarkeiten und unzähligen DINs und Vorschriften.
  • und ganz nebenbei müssen wir uns noch mit („preiswerteren“) Firmen auseinandersetzen, die die Bauherren selbst rekrutieren (aus dem Internet) und Baumarkt(halb)wissen verarbeiten…
  • Diese ganze Mühe und die Haftungsfrage dazu bildet sich nicht in der HOAI ab.
    Stundensätze von nur €40-60 können bei der Bauleitung von einem kleinen aber sehr komplexen Bauprojekt herauskommen, wenn man seinen Job ernst nimmt und die Bauleitung nicht nur wöchentlich wahrnimmt.
  • Gerade das Bauen im Bestand (ein großer Teil unserer Herausforderungen) bedingt eine sorgfältige Planung und lückenlose Bauüberwachung mit guter und durchgängiger Dokumentation – auch zur eigenen Absicherung!

Für mich als Büroinhaberin stellt sich hier auch die Frage der Wirtschaftlichkeit (oder ich betreibe mein Büro als „Liebhaberei“).
Aber auch meine Kollegin im BDB-HESSENFRANKFURT, Melissa von der Sitt, (angestellte Architektin) und Mitglied in der neuen Vertreterversammlung, sieht diese Problematik und hat das Thema, ebenfalls in ihrem Beitrag im BAUMEISTER DIALOG auf den Punkt gebracht:

„… Generell möchte ich, dass die Kammer die „bubble“ verlässt und wir als Architekten mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Die Kammer muss in die Pflicht genommen werden, deutlich mehr dafür zu tun. Aufzuzeigen, welche Vorteile es für private Bauherrn bedeutet, einen Architekten zu beauftragen. …“

Es ist unsere Chance uns einzumischen – etwas zu bewegen. Ihre Meinung hat uns nicht nur angespornt, sondern hat uns bei unseren Gesprächen und unserem Handeln unterstützt, da wir nicht nur aus der eigenen Erfahrung berichten konnten.

Gerne weiter so – geben Sie uns Ihr Feedback, denn Ihr Wort, Ihre Meinung zählt und bewegt, das haben wir im letzten Jahr erlebt!

Wir bleiben dran, für Sie, für uns alle!

DANKE für Ihre Unterstützung!

Ihre Elke Rühl

ARCHITEKTIN BDB
Vorstandsmitglied im BDB-HESSENFRANKFURT
gewähltes Mitglied in der Vertreterversammlung der AKH




auf ein WORT: Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn


Die Schuldenbremse ist kein neoliberales Folterwerkzeug

Der hessische Bürger hat in einer Volksabstimmung am 27.2.2011 die sogenannte Schuldenbremse in die hessische Verfassung aufgenommen. Hierzu kam es, weil die neuen Koalitionspartner CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag 2009 auf besonderes Drängen der Liberalen dieses Instrument zur Begrenzung der Ausgabewütigkeit hessischer Politiker verabredet hatten. Man wollte die leider nicht mehr so große Disziplin bei der Frage, wieviel Schulden darf der Staat machen, künftig verordnen.

Die sogenannten ‚strukturelle’, also von der Konjunktur unabhängige staatliche Neuverschuldung wurde verboten. Trotzdem hat die CDU/Grünen Landesregierung ein sogenanntes ‚Corona-Sondervermögen‘ beschlossen und dies mit einer ganz besonderen Belastung durch die Bearbeitung der Epedemie begründet. Inhaltlich fanden sich aber Lieblingsprojekte der Koalitionäre wie Maßnahmen gegen Klimawandel und für Naturschutz. Der hessische Staatsgerichtshof dagegen hat mit der Entscheidung vom 27.10.2021 dies als verfassungswidrig verboten. Eine ähnliche Niederlage vor dem Bundesverfasungsgericht erlitt die Ampel Koalition am 15.11.2023 bei ihrem Versuch, Mittel aus dem ‚Sondervermögen Corona‘ in den Klimaschutz umzuleiten.

Für mich ist dieses Instrument der Beitrag, um die Handlungsfähigkeit des Staates über mehrere Generationen zu sichern. Schulden müssen immer die künftigen Generationen bezahlen, mit Zins und Tilgung. Desto mehr die gerade regierende Generation Schulden macht, desto geringer ist der Spielraum für die künftigen Generationen. Und sie zwingt dazu, regelmäßig bestehende Ausgaben nach ihrer Sinnhaftigkeit zu prüfen. Was mal sinnvoll war, liebgewonnen vielleicht, ist heute nicht mehr nötig. Und sie wirkt gegen das ‚Wünsch Dir was“, ‚darf es noch ein Viertel mehr sein‘. Ich bin ein großer Verfechter einer rationalen Aufgabenkritik und habe dies als Justizminister auch umgesetzt. Sie Schuldenbremse zwingt zu einer Priorisierung. Erst dann hat man wieder freie Finanzen für neue Aufgaben.

Fazit: Die Schuldenbremse ist ein Werkzeug für eine Generationengerechtigkeit, für eine Priorisierung und Aufgabenkritik. Wahrlich kein neoliberales Folterwerkzeug.

Ihr
Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn




auf ein WORT: Andreas Ostermann

ARCHITEKTEN IN HESSEN HABEN GEWÄHLT

Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,

die Ergebnisse stehen fest – die Architektinnen und Architekten in Hessen haben gewählt:
Der BDB-HESSENFRANKFURT konnte überzeugen und hat seinen Stimmenanteil um über 70% steigern können. Unter den Verbänden und Wählergemeinschaften haben wir damit nach dem BDA die zweitmeisten Stimmen erhalten. Das ist eine grandiose Bestätigung für unsere bisherige Arbeit in der Kammer und Vertrauensvorschuß für unser weiteres Wirken.

Wir wollen keine ideologischen Standpunktdiskussionen, sondern dass die Interessen der Architekten ihren täglichen Arbeitsalltag betreffend und die Selbstverwaltung der Architektenschaft als wesentliche Aufgaben der Kammerarbeit wieder stärker in den Fokus genommen werden. Dafür werden wir in den Gremien der Kammer aktiv werben.

Sehr bedenklich ist die Entwicklung der Wahlbeteiligung. Diese ist in den letzten 30 Jahren von rd. 50% kommend kontinuierlich gesunken und liegt mittlerweile nur noch bei knapp über 30%. In der Wahlbeteiligung spiegelt sich immer auch die Verankerung der Mitglieder einer Institution in dieser wieder. Es wird Aufgabe der Kammer für die kommende Amtszeit sein, die Bedeutung der Wahl zur Vertreterversammlung besser zu vermitteln und auf eine wieder höhere Wahlbeteiligung hinzuarbeiten.

Ich danke allen unseren Kandidatinnen und Kandidaten sehr für ihr im Rahmen der AKH-Wahl 2024 gezeigtes Engagement und ihre Bereitschaft, für den BDB-HESSENFRANKFURT anzutreten. Insbesondere gilt mein Dank auch Tobias Rösinger, der in der zurückliegenden Amtszeit den BDB-HESSENFRANKFURT im Vorstand der AKH vertreten hat und dort wichtige Impulse in unserem Sinne geben konnte. Ebenso aber auch herzlichen Dank an Elke Rühl und Till Marwede, die als Spitzenteam Inhalte und Gestaltung geleitet haben.

Allen, die uns ihre Stimme gegeben haben, danken wir für ihr Votum. Und wir appellieren, auch weiter die Entwicklung in der Kammer im Blick zu haben. Auch nach der Wahl gilt: teilen Sie uns mit, was Sie im Hinblick auf die Kammerarbeit bewegt. Was zu verbessern ist, was in der Kammer diskutiert werden soll. Und mischen Sie sich ein.

Das Wahlergebnis hat zudem gezeigt: Aufregerthemen haben zurückliegend zwar das Potential für berufspolitische Strohfeuer gehabt. Die nachhaltige und langfristig orientierte Platzierung berufspolitischer Interessen braucht aber die Einbettung in verlässliche Strukturen eines Berufsverbandes. Der BDB-HESSENFRANKFURT bleibt auch zukünftig Impulsgeber für Ihre Interessen. Kommen Sie zu uns!

Mit baumeisterlichen Grüßen, Ihr
Dipl.-Ing. (FH) BDB Andreas Ostermann




auf ein WORT: Sascha Querbach

ES BRAUCHT MEHR ALS NUR ANKÜNDIGUNGEN – EIN AUFRUF AN DIE POLITIK!

Die Lage der deutschen Bauwirtschaft spitzt sich weiter zu. Die Anzahl von Bauanträgen und Genehmigungen ist dramatisch eingebrochen. Bauprojekte werden nicht mehr begonnen und nahezu täglich werden Insolvenzen im Bau- und Immobiliensektor verkündet. In den meisten Planungsbüros ist diese Situation längst angekommen – die Auftragslage bereitet Zukunftssorgen.

Der Politik ist die Lage bekannt. Am 25. September 2023 hatte Olaf Scholz zuletzt ins Kanzleramt zum Wohnungsgipfel geladen. Mit einem 14-Punkte-Maßnahmenpaket sollte der Wohnungsbau angekurbelt werden. Mehr als 2 Monate später ist davon wenig bis gar nichts zu spüren. Im Gegenteil – nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts wurde eine weitreichende Haushaltssperre verfügt – die Auswirkungen sind bisher kaum absehbar.

Wie wird nun mit den vielschichtigen Herausforderungen umgegangen?

– Massiv gestiegene Baukosten

– Stark und in Rekordzeit angestiegene Zinsen

– ausufernd lange Bebauungsplanverfahren

– zunehmende Berücksichtigung von Partikularinteressen

– kontinuierliche Erhöhung kostentreibender gesetzlicher Anforderungen (z. B. Energiestandards, Schallschutzanforderungen)

– Bauordnungspluralismus

– Genehmigungsdauer von Bauanträgen / analog statt digital

– Fehlende Planungssicherheit / Verfügbarkeit von Fördermitteln (z. B. KfW)

– Investitionshemmende Anforderungen (z. B. Wertabschöpfung durch Modelle wie Frankfurter Baulandbeschluss)

– Stetig steigende Komplexität (lt. Schätzung des Städte- und Gemeindebunds ca. 20.000 baurelevante Regelungen, davon ca. 4.000 DIN-Normen)

Unterdessen steigt der Wohnraumbedarf ungebremst. Der anhaltende Zuzug in Metropolregionen führt zu einem unvermindert hohen Bedarf an Wohnraum. Insbesondere das Bevölkerungswachstum in Städten wie Frankfurt am Main spiegelt diesen Trend wider. In der 10-Jahres-Betrachtung verzeichnete Frankfurt laut Statistischem Jahrbuch im Durchschnitt einen Zuwachs von rund 10.200 Einwohnern pro Jahr. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,9 Personen hätte dies jährlich die Schaffung von etwa 5.370 zusätzlichen Wohnungen erfordert. Tatsächlich lag der Reinzugang in diesem Betrachtungszeitraum im Mittel bei nur etwa 3.210 Wohnungen. Infolgedessen blieb ein deutlicher Mangel von etwa 2.160 Wohnungen pro Jahr bestehen – über das Jahrzehnt gesehen ein Defizit von insgesamt rund 21.600 Wohneinheiten, beziehungsweise einem Fehlbetrag an Wohnungen für etwa 41.000 Einwohner – und das in den Boomjahren des Bauens.

In der aktuellen Situation stark rückläufiger Bauaktivität wird dies durch verschiedene weitere Faktoren verstärkt. Die anhaltende Zuwanderung und Migration, einschließlich der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Ländern wie der Ukraine, erhöhen den Bedarf zusätzlich. Gleichzeitig gehen geburtenstarke Jahrgänge (Jahrgänge 1946-1964) in den kommenden Jahren in den Ruhestand, was die Notwendigkeit weiteren Wohnraums für die Besetzung freiwerdender Arbeitsplätze unterstreicht. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wird nicht nur für die wachsende Einwohnerzahl entscheidend sein, sondern auch für Unternehmen, die auf einen erschwinglichen Wohnraum angewiesen sind, um qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und zu halten.

Die Deckung dieses steigenden Wohnbedarfs stellt eine der dringendsten Aufgaben dar, um den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der florierenden Metropolregionen gerecht zu werden.

Die Folgen des anhaltenden Mangels an Wohnraum sind vielschichtig und beeinträchtigen weitreichend verschiedene Bevölkerungsgruppen sowie den Wohnungsmarkt im Allgemeinen. Die hohen Gesamtkosten für die Errichtung oder den Erwerb von Wohnraum stellen für weite Teile der Bevölkerung eine finanzielle Herausforderung dar, insbesondere in einem aktuellen Zinsumfeld, das die Finanzierung von Immobilien kaum erschwinglich macht. Diese finanzielle Belastung führt zu einer ausbleibenden Nachfrage nach Wohneigentum. Gleiches gilt für Wohnbauinvestitionen des Kapitalmarkts. In Zeiten, in denen andere Anlageklassen wie Staatsanleihen sicherer und rentabler sind, zeigt sich auch hier eine Zurückhaltung in Investitionen im Wohnungsbau.

Das ständige Hin und Her in den politischen Ankündigungen der Bundesregierung führt daher gerade jetzt zu weiterer Verunsicherung bei Verbrauchern und Kapitalmarkt. Es ist nachvollziehbar, dass Kaufwillige derzeit abwarten. Täglich ist zu lesen, dass die Wohnungspreise sinken – was sich im Wesentlichen auf Bestandsobjekte mit Investitionsstau mit Blick auf die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bezieht. Gleichzeitig stellt die Politik seit längerem Maßnahmen in Form von Förderungen in Aussicht, diese blieben aber bislang aus. Im Ergebnis dauert der Vertrieb im Bau befindlicher Vorhaben deutlich länger und neue Projekte werden nicht begonnen.

Durch die von Beginn bis zur Fertigstellung von Bauvorhaben naturgemäß bedingte „Trägheit“ werden die dramatischen Auswirkungen in Form von signifikant sinkenden Fertigstellungszahlen erst in den kommenden Jahren faktisch zu spüren sein und zu einer weiteren Verknappung von Wohnraum, vor allem in Metropolregionen, wo die Leerstandsquoten ohnehin minimal sind, führen. In Frankfurt am Main beträgt die Leerstandsquote laut empirica aktuell lediglich 0,3%. Die weitere Verknappung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wohnraum und verstärkt die soziale und wirtschaftliche Belastung für Menschen, die dringend auf diesen angewiesen sind. Gleichzeitig führt die Verknappung des Wohnraums zu einem signifikanten Anstieg der Angebotsmieten. Als Beispiel sei hier der Mietspiegel von München genannt, laut dem die durchschnittlichen Nettokaltmieten zwischen den Jahren 2021 und 2023 um 21 Prozent gestiegen sind – Tendenz weiter steigend.

Die Herausforderung, dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden, erfordert dringend nachhaltige Lösungsansätze auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Konstruktive Vorschläge der Bauwirtschaft, um diesem anhaltenden Wohnungsnotstand entgegenzuwirken, liegen seit vielen Monaten vor, haben aber kaum etwas bewirkt:

– Entfall der Grunderwerbsteuer

– Verkürzung der Baugenehmigungszeit auf max. 6 Monate

– Analog zum Gewerbebau Wegfall der Umsatzsteuer im Wohnungsbau

– Klare, verbindliche und zeitlich planbare Förderprogramme durch die KfW

– Verschlankung der Landesbauordnungen

– Entbürokratisierung durch Wegfall überflüssiger Vorschriften und Regulierungen

– Vereinfachung des seriellen und modularen Bauens durch Typengenehmigung

– Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten

Die Zeit drängt, und trotz vieler Diskussionen wie dem GEG und dem Wachstumschancengesetz hat sich bislang auf politischer Ebene kaum etwas getan. Um die genannten Herausforderungen zu bewältigen, ist dringend die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen und schneller Investitionsanreize erforderlich. Geschieht weiterhin nichts, ist der Verlust von Arbeitsplätzen unabwendbar und die Abwanderung von Fachkräften in andere Bereiche die Folge. 400.000 Wohnungen sollten laut Vorgabe der Bundesregierung jährlich entstehen. Laut Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) fehlen bis 2025 bis zu eine Millionen Wohnungen. Wie geht es weiter? Ausgang offen!

Dipl.-Ing. Sascha Querbach
Vorstand BDB-HESSENFRANKFURT, 1. Schriftführer




auf ein WORT: Carsten R. Kulbe

EINE AKH FÜR UNS

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Frühjahr 2024 ist es wieder soweit: Die Verbände, bzw. freien Wahlgruppierungen stellen sich zur Wahl für eine neue Legislaturperiode der Vertreterversammlung der hessischen Architektenkammer.
Grund genug einmal genauer hinzuschauen:
Zumal bei bis zu 30% rückläufigen Zahlen am Bau und denkbar schlechten politischen, wie ökonomischen Randbedingungen, könnte hier sicher die dringend notwendige Unterstützung des Berufstandes das erste Anliegen der Kammer sein.

Doch liest man das aktuelle „Kammerfenster 5“ sieht man, dass dort ganz andere Dinge thematisiert werden. – Klimaneutralität bis 2045. Es soll ein Beitrag zu einer klima- und sozialgerechten Zukunft geleistet werden.
CO2-Einsparung durch Bauverhinderungspolitik?
Transformation soll gemeinsam gestaltet werden. Man fordert unter anderem eine grüne gerechtere und produktivere Stadt. Aber gleichzeitig müssen wir erkennen das die aktuelle Politik dem Wohnungsbau eher hinderlich wie förderlich ist. Ich frage mich, was bringt mir das politische Engagement in der alltäglichen Berufsausübung? Statt den ganzen berufs­fremden Ballast, den die Politik dem Berufsstand aufzubürden versucht, entgegenzutreten, bietet man sich als Helfershelfer derer an, die schon längste den Blick für die Realität verloren haben.

Sind die aktuellen Themen in der Kammer wirklich die, die uns bei unserer täglichen Arbeit weiterhelfen? Wenn das nichts so ist, dann müssen wir dringend etwas ändern!

Aus der Historie heraus sind die berufsständigen Kammern zunächst die Organisationen, die losgelöst von staatlicher Verwaltung den Berufsstand organisieren. Hier in Hessen nach dem HASG. Hier werden Standards überwacht und auch Verzeichnisse erstellt und geführt. Eine gut funktionierende Mitgliederverwaltung gehört ebenso dazu. Auch soll mit Rat und Tat den Berufsausübenden zur Seite gestanden werden.

Dieses auf den ersten Blick Wenige kann sehr viel sein. Denn die Belange der Mitglieder sind wichtig. In der Breite haben wir in Hessen vorwiegend kleine, mittelständige Büros, deren Hauptaugenmerk auf einfachen, gut strukturierten Baugesetzen, schnellen und einfachen Genehmigungs­verfahren und einer klar abgegrenzten Haftung für das eigen Werk liegt. Einer Überfrachtung an Regeln, und pseudo-ökologischer Auflagen muss hier seitens einer Berufsvertretung entgegen gewirkt werden.
Einen leichteren Alltag, den wünschen wir uns doch alle? – Ganz wichtig sind hierbei ein einheitliches digitales Bauantragsverfahren, sowie zeitgemäße Honorare und eine klare Eingrenzung der Haftungsrisiken für alle Architekten. Das klingt wenig und ist doch viel und es ist vor allem an der Zeit sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu besinnen.

Das gewisse Dinge wie die überhand nehmenden Regulierungen – stellvertretend ist hier die Barrierefreiheit und der Brandschutz zu nennen – , effiziente Förderprogramme, ausreichende zur Verfügungstellung von Bauland usw. auf der politischen Ebene zu betrachten sind, ist klar.
Klar ist aber auch, dass gerade diese Aufgaben besser und unabhängiger klassisch durch die Verbände wahrgenommen werden, die keine Körperschaft öffentlichen Rechtes sind, und nicht der Aufsicht durch das Wirtschaftsministerium unterliegen.

Wir wollen mit einem starken Team weg von jeder politischen Agenda den Blick auf die Themen der Berufsausübung lenken.
Wenn Sie als Architekt im BDB mit uns Ihre Interessen nach vorne bringen wollen, melden Sie sich bei uns in der Geschäftsstelle. Sie sind herzlich eingeladen, mit uns neue Impulse in der Kammerarbeit zu setzen.

Sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen und dafür konsequent einzutreten, das ist mein Anliegen an eine hessische Kammer.

Dipl.-Ing. Carsten R. Kulbe
Architekt im BDB-HESSENFRANKFURT




auf ein WORT: Stephan Och

KI in der Vermessungsbranche – Vision und Realität

Kaum eine technische Neuerung hat in den letzten Jahren so viele Vorschusslorbeeren bekommen wie die Künstliche Intelligenz (KI). Entprechend hoch sind die Erwartungen und Visionen: endlich Mitarbeitende ohne Urlaub und Feierabend, fehlerfreie Arbeit zu jeder Zeit und zu jedem Thema, unkomplizierte Abschreibungsmöglichkeiten, unbegrenzte Sprachkenntnisse, internationale Kompatibilität und vieles mehr bekommt die Branche in Aussicht gestellt. Doch wieviel ist davon bereits am Markt und was davon macht wirklich Sinn?

Aus folgender Situation heraus werde ich versuchen, eine kleine Markteinschätzung zu geben. Die TPI Vermessungsgesellschaft mbH in Dreieich, deren Geschäftsführer ich bin, ist ein Büro für Ingenieurvermessung mit 50 Mitarbeitenden, das immer schon Innovationen auf den praktischen Nutzen geprüft und bei Eignung schnell eingesetzt hat. So ist TPI unter anderem Goldpartner von NavVis in München und arbeitet eng mit Marktführern wie LEICA und anderen zusammen. Ein Grundsatz steht dabei über allem Aktionismus: Was bringt es dem Kunden! Und unter genau diesem Gesichtspunkt wird bei TPI natürlich auch der Einsatz KI geprüft.

Um hierbei zu schlüssigen Ergebnissen zu kommen, werden die Anforderungen an einen Vermessungsdienstleister laufend analysiert und es lässt sich tatsächlich eine Verlagerung hin zu der Verarbeitung sehr großer Datenmengen feststellen. Die Erfassung dieser Datenmengen beruht im wesentlichen auf einer Technik, die mit Hilfe von zum Beispiel Lasern in kürzester Zeit die Vor-Ort-Situation aufzeichnet und große Datenwolken produziert. Natürlich ist auch durch die Robotronik die Datenerfassung großer Volumina mittlerweile in hohem Grad automatisiert und neueste Produkte von bekannten Herstellern schaffen es sogar, den/die Vermesser/in vor Ort weitgehend autark zu unterstützen. Der Gedanke, diese Automatisierung so weit voran zu treiben, dass der Kunde vor Ort die Erfassung selber vornimmt, liegt nahe, doch die Praxis zeigt, dass natürlich das Know-How der Vermessungsingenieure/in vor Ort zu besseren Ergebnissen führt. Gleichwohl wird bei der Erhebung großer Datenmengen die Automatisierung den/die Ingenieur/in entlasten, doch die KI wird zumindest in nächster Zeit hierbei nur unterstützende Funktionen (Stichwort Autopilot in der Robotronik, Drohnensteuerung, etc.) übernehmen.

Ganz anders stellt sich die Situation nach der Erhebung der Daten dar. Die Daten an sich haben erst dann einen Wert, wenn sie zielgerichtet analysiert, gewertet und integrierbar formatiert sind. Und hier hat sich gut trainierte KI mittlerweile eine praxisnahe Funktion erarbeitet. Die schiere Menge an Daten, die zum Beispiel bei komplexen Setzungsanalysen mit einer Vielzahl von Sensoren anfällt, macht eine intelligent automatisierte Reduzierung und zielbezogene Darstellung bzw. Formatierung notwendig. Hier kommt nun KI ins Spiel, ist aber bei weitem noch kein Selbstläufer. Denn nur durch ein zielgerichtetes Training wird die KI in die Lage versetzt, ihre Stärken auszuspielen. Übrigens gibt es bereits die ersten Dienstleister, die so ein Training für Anwendende und deren spezifische Anforderungen anbieten.

Durch das Training lernt die KI, das „Wissen“ ständig zu verfeinern und die Ergebnisse permanent zu verbessern. Denn auch das muss gesehen werden: die verfügbare KI arbeitet alles andere als fehlerfrei! Gerade in den Trainingsphasen ist eine kritische Begleitung und permanente Nachjustierung unvermeidbar, je nach Anwendung kommt man bei Beispielsprojekten auf Fehlerquoten im Bereich von über 20%! Das heißt aber, dass auf der anderen Seite 80% der Auswertungen brauchbar waren und damit je nach Einsatzbereich eventuell ein sinnvoller, überwachter Betrieb schon möglich ist. Auch reicht diese Genauigkeit durchaus aus, wenn Geschwindigkeit oberste Priorität hat, man denke an Geoinformationen für den schnellen Überblick nach einem Katastrophenfall wie einem Erdbeben, Tsunami oder Waldbrand.

Zurück zur Vermessungsbranche: zur Zeit sind wir von der Notwendigkeit, KI ins Vermessungsbüro zu integrieren, noch weit entfernt. Doch zwei Aspekte sprechen dafür, das Thema als innovatives Unternehmen auf der Tagesordnung zu halten:

Zum einen geht die Entwicklung immer schneller voran, viele Branchen sehen in der KI riesiges Potenzial und investieren bereitwillig, wenn auch mit unterschiedlichen Zielen. So zeigt das Fraunhofer-Institut in Stuttgart, wie die Baubranche zum „BIM-mündigen Bauherrn“ werden soll (DER SPIEGEL, Ausgabe 13 vom 25.3.2023, Seite 96ff). Die Vermessungsbranche kann sich dabei so positionieren, dass ihr hier eine Kernrolle zufällt. Und dass die Branche wach geworden ist, zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage, die der Verband Deutscher Vermessungsingenieure (VDV) e.V. in 2022 vorgelegt hat (Künstliche Intelligenz in Geodasie und Geoinformatik, Wilfried Grunau ((Herausgeber)), VDV-Schriftenreihe, Wichmann Verlag 2022). Demnach stimmen 83% der Befragten voll oder eher zu, dass KI eine allgemeine Bedeutung in der Geodäsie hat. Jedoch nur 23,8% stimmen voll oder eher zu, dass die Geodäsie beim Thema KI gut aufgestellt ist. Diese große Differenz lässt einen Aktionismus erwarten, bei dem die Rollen der verschiedenen Marktteilnehmenden gerade verteilt werden.

Ebenso ändern sich aber auch die Anforderungen der Kunden, die natürlich genauso die Entwicklung im Blick haben. Speziell in der Vermessungsbranche gewinnen einmal erhobene digitale Daten massiv an Bedeutung. Je nach Anwendung (GIS, BIM, Kataster usw.) reicht einmal die Verortung als Zielinformation, ein anderes Mal soll es die Farbe und Helligkeit eines Bildpunktes sein, die wichtig ist und auf die Oberflächenstruktur oder sogar das Material Rückschlüsse zulässt. Und das nächste Mal soll der gleiche Punkt den Immobilienmakler unterstützen oder zur Leitungsdokumentation an Relevanz gewinnen. Ein „digitaler Zwilling“ des Bauvorhabens, mit dem das Vorhaben bei dem/der Architekten/in startet, der permanent gepflegt und von allen Baubeteiligten aktualisiert wird und insgesamt durch KI gesteuert wird („… liebe KI, bitte zähle die geplanten Steckdosen, ermittle passende und lieferbare Dosen, erstelle Beispielsbilder von Küche und Schlafzimmer und überprüfe die Budgetierung…“), ist keine ferne Zukunft mehr.

Nichts spricht dagegen, dass diese jeweils unterschiedlichen Informationen von einem einzigen innovativen Dienstleister, der die Daten bevorratet, bereitgestellt werden und an die individuelle IT-Struktur des Kunden angepasst werden. Und nicht nur Neubauvorhaben werden so geplant werden, Millionen von Bestandsbauten warten darauf, als „Digitaler Zwilling“ zu neuem Leben erweckt zu werden.

Für mich stellt sich aber auch eine andere Frage: Wird die KI den/die Vermessungsingenieur/in ersetzen? Ganz sicher nicht, wahrscheinlicher ist, dass ein neues Berufbild in innovativen Unternehmen integriert werden wird: gesucht werden am Arbeitsmarkt bereits „KI-Trainer/innen“ für viele Anwendungen, denn nur mit einem fachlich versierten Training in enger Abstimmung mit dem/der Vermessungsingenieur/in wird die KI für die Vermessungsbranche Bestleistung erbringen können.

Stephan Och, Ingenieur BDB
Vorstandsmitglied BDB-HESSENFRANKFURT




auf ein WORT: Till Marwede

Zeitenwende…

Sie ist da und jeder spricht von Ihr, was bedeutet sie für unser Bauwesen?

Wahrscheinlich haben die Meisten mittlerweile Erfahrung mit bedeutenden Änderungen in letzter Zeit gehabt, viele Aspekte sind nicht gänzlich neu, wurden aber durch die Corona-Krise und den darauffolgenden Ukraine-Krieg in einem nicht vorhersehbaren Zeitraum beschleunigt.

Ich möchte ein paar Themen erläutern, deren Auswirkungen uns als Planungs- und Projektentwicklungsbüro aktuell beschäftigen:

ESG / Nachhaltigkeit

Eines der großen Schlagwörter ist aktuell die Nachhaltigkeit. Die Weichen sind gestellt, große Investoren haben sich vielfach verpflichtet, zukünftig nur noch ESG-konform (Environmental, Social, & Governance) zu investieren. Wer steuert diesen Prozess? Viele privatwirtschaftliche Akteure setzten die Vorgaben im eigenen Interesse, ohne daß dies in den gesetzlichen Vorschriften Niederschlag findet, wir haben ein Neben bzw. Durcheinander von gesetzlichen und privatrechtlichen Vorschriften.

Was bedeutet dies in der konkreten baulichen Umsetzung? Werden wir in Frankfurt demnächst nur Hochhäuser in Holz- oder Holzhybridbauweiser errichten, oder wird es Möglichkeiten geben, Beton CO² freundlicher herzustellen (z.B. durch Beimischung von Flugasche oder Zertifizierungen etc.)? Wird die Sanierung von Bestandsgebäuden Standard (jeder weiß, welche Problematiken ein „Refurbishment“ mit sich bringen kann)? Auch der private Endverbraucher wird sich mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen, welche dieser Vorgaben werden Grundlage für zukünftige KFW-Förderungen?

Zinsumfeld und Baukosten

Die Zinsen sind explodiert, daß Negativzinsen nicht dauerhaft den Normalzustand darstellen können dürfte aber jedem klar gewesen sein. Trotzdem macht der noch nie dagewesene Zinsanstieg um das 3-4- Fache in wenigen Monaten die Projektkalkulation vieler, sowohl professioneller Anleger, als auch privater Wohnungskäufer, zunichte, während die allgemeinen Lebenshaltungskosten inflationsbedingt steigen.

Die Baukosten sind ebenfalls gestiegen, zwar ist allmählich eine langsame Beruhigung der Materialverfügbarkeit erkennbar, die zu erwartenden Umlage der Lohn- und Energiekostensteigerungen auf die Bauwirtschaft aber sprechen gegen deutlich sinkende Baukosten. 

Es muss über neue Möglichkeiten nachgedacht werden, Baumaterialien in Deutschland unter Berücksichtigung eines angemessenen Umweltschutzes zu gewinnen, dies gilt in gleichem Maße für die Energiegewinnung. Es ist nicht nachvollziehbar, daß wir Fracking-Gas aus den USA importieren, wir dies aber in Deutschland selbst aus Gründen des Umweltschutzes ablehnen. Auch einer Diskussion über die weitere Nutzung von Kernenergie dürfen wir uns in der aktuellen Lage nicht verschließen.

Zuletzt müssen sich die abgehobenen Grundstückspreise auf ein vernünftiges Maß reduzieren, Grundstücksverkäufer waren die Gewinner der Preissteigerungen der letzten 10 Jahre.

Sicher ist, daß das von Bundesbauministerin Geywitz ausgerufenen Ziel von 400.000 Wohnungen (davon 100.000 gefördert) pro Jahr nicht erreichbar sein wird.

Digitalisierung

Alles wird digital und 3-dimensional, es ergeben sich immer neue Möglichkeiten zur Optimierung der Planung, des Managements und der Kostenermittlung und Kontrolle.

Man darf hierbei aber die hohen technischen, wirtschaftlichen und intellektuellen Anforderungen nicht unterschätzen, eine realistische Kosten-Nutzung Betrachtung ist erforderlich. Der Mitarbeiter bzw. Anwender darf hier nicht aus den Augen verloren werden, viele stoßen bei der Bedienbarkeit neuer Plattformen an Ihre Grenzen. Grundsätzlich muß die Digitalisierung die eigentlichen Bauaufgabe unterstützen und darf kein Selbstzweck der Digitalwirtschaft werden. Speziell beim Thema BIM ist die Konzentrierung auf 2 Plattformen schon jetzt unumkehrbar (Revit/Autodesk  und Archicad),  deren Austauschbarkeit untereinander in der Praxis nicht 100% gegeben ist.

Personal  / Behörden

Das Thema Personal betrifft uns alle. Die Generation der Babyboomer wird bis 2035 nach und nach in Rente gehen, hierdurch wird sich die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften weiter verschärfen. Erfreulich sind die Möglichkeiten von neuen Arbeitsmethoden wie z.B. Homeoffice und Online-Meetings, auch ist gegen eine grundsätzlich angemessene Bewertung der Work-Life Balance nichts einzuwenden. Allerdings stellt sich die Frage, ob wir mit einer 3-4 Tage Woche als Vollarbeitszeitmodell unseren Wohlstand in Deutschland halten können.

Ein weiteres Problem ist nach meiner Erfahrung der Umgang mit Behörden. Der persönliche Kontakt wurde durch die Pandemie auf ein Minimum reduziert und ist seitdem nicht mehr zu einem sinnvollen Maß zurückgekehrt. Dieser ist aber Voraussetzung für einen individueller Abstimmungsprozess, der üblicherweise die Grundlage einer Genehmigungserteilung ist. Nicht alle Themen kann man über MS-Teams abstimmen.

Vorgaben wie z.B. Barrierefreiheit, GEG

Die Vorgabenschraube wird immer weiter angezogen, so sind z.B. nach der Bauordnung für Berlin seit den 1.1.2020 bereits 50 % aller Neubau-Wohnungen barrierefrei herzustellen. In wie weit dies den tatsächlichen Bedarf deckt, auch in einer alternden Gesellschaft, kann man hinterfragen. Schließlich bedeutet dies einen höheren Platzbedarf pro Person und somit höhere Kosten pro Wohnungen bzw. Bewohner. Ebenso überbieten sich die Gemeinden mit den Vorgaben zu barrierefreien Stellplätzen. Da diese oft ungenutzt sind sollte man flexible und praktikable Lösungen, wie z.B. eine Kombination Stellplätzen für Behinderte und Familien mit Kleinkindern, anstreben.

Fazit:

Wir leben in einer herausfordernden Zeit, es bleibt spannend wie sie sich weiterentwickelt.

Nicht alles ist gut gemacht was gut gemeint ist und nicht alles sinnvoll was technisch umsetzbar ist. Daher sollten wir den Weg mitbestimmen, den wir sinnvollerweise gehen wollen.




auf ein WORT: Joachim Pfeil

Reduzierung der Förderprogramme für energetische Sanierung von Immobilien

– und wieder der Wirtschaftsminister

Man kann sagen, was man will, aber pfiffig ist unser Wirtschaftsminister Habeck schon!

Einerseits fordert die Regierung ein schnelles Umdenken beim Thema Energie einsparen / energetisches Bauen bzw. Sanieren und andererseits werden so ganz im stillen Kämmerlein – in Urlaubsabwesenheit des Kanzler „by the way“ – Fördermittel für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden drastisch gekürzt, bestimmte Förderungen komplett gestrichen und die Vergabebedingungen verschärft.

Das Ganze gipfelt darin, dass das Kabinett unter dem Vizekanzler Habeck am 26.7.22 dies verabschiedet hat und diese Änderung 24 Stunden später in Kraft getreten ist.

Selbst Energieberater, die mit der Materie intensiv beschäftigt sind, wurden durch die Presse oder die Verbände erst am 27.7.22 gegen 9.45 Uhr informiert, dass die Förderung für die Sanierung von Bestandsgebäuden, z.B. der „KfW100“ Förderung, am 27.7.22 um 0.00 Uhr endet. Die anderen Förderungen wie z.B. KfW85 werden drastisch gekürzt.

Vielen „Energieberatern“ wird der 27.7.22 sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben. Hier wurde teilweise mit dem gesamten Personal, welches trotz Urlaubszeit noch erreichbar war, bis 23.59 Uhr durchgearbeitet, um den Investoren noch die Möglichkeit zu geben, die „alte“ Förderung in Anspruch zu nehmen. Nicht alle Anträge, die in der Pipeline der Energieberater zur Bearbeitung warteten, konnten noch abgesendet werden. Es gingen viele Investoren damit LEER aus.

Die EDV bei der Kfw war so eingestellt, dass um 0.00 Uhr dieses Programm nicht mehr verfügbar war!

Klasse gemacht, Herr Habeck!

Wenn die Berliner Regierungsbank glaubt, dass man mit solchen Aktionen die Immobilienbesitzer und Investoren motiviert, in die notwendige Sanierung von Bestandsgebäuden zu investieren, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten!

Es wird wegen der Wohnungs- und Klimapolitik ein böses Erwachen geben!

Die „Grüne“ Politik unter dem Wirtschaftsminister Habeck hat den Immobilienbesitzern und Investoren nunmehr innerhalb eines guten halben Jahres bereits eine zweite schwere Enttäuschung beschert

Wir sind gespannt auf die nächsten Wirtschaftsdaten für die Bereiche Bauen und Wohnungssanierungen! Dabei müssen wir aber immer genau hinsehen, denn gerade hier gilt: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast!

Wir bleiben wachsam.

Joachim Pfeil




auf ein WORT: Antje Riedl

Nachhaltigkeit —
aber echt !

Nachhaltigkeit… der zurzeit am Häufigsten gebrauchte Begriff in sämtlichen Lebensbereichen. Leider ist Vieles bei weitem nicht so nachhaltig wie es vermeintlich scheint! Wir möchten Sie mit auf einen möglichen Weg nehmen, der einen Beitrag zur Lösung der angespannten Wohnungssituation in den Ballungszentren zu leisten vermag.

Die beste Architektur ist die, die nicht gebaut wird.

Wahrscheinlich wundert das den ein oder anderen, dass dieses Statement von einer Architektin kommt? Gar nichts mehr bauen ist auch nicht unsere Absicht und löst vor allem nicht den in den Ballungszentren existenten Mangel an bezahlbarem Wohnraum.  Aber die Dinge müssen sich ändern. Der Transformationsprozess im Bausektor beginnt so langsam, etwas mehr Tempo wäre wünschenswert. Die Ressourcen werden zunehmend knapper, Preise für Rohstoffe und Energien steigen stetig an, Pandemie und Krieg in Europa verschärfen die Marktsituationen und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Preise für Grundstücke, Immobilien und Mieten in den Ballungsräumen sind unfassbar explodiert und für viele Normalverdiener schlicht nicht mehr bezahlbar. 

Also, wie gehen wirs an? Wie wollen wir leben? Wir haben zum einen großen Wohnungsmangel in den Ballungsräumen. Wir haben aber auch viel Leerstand (nicht nur) im ländlichen Raum. Was muss also passieren, dass der Markt sich hier reguliert? Viele Menschen würden auf den Wohnraum in Frankfurt gerne verzichten, wenn im ländlichen Raum das Internet lückenlos funktionieren würde und sie von dort aus arbeiten können. So viele Einschränkungen die Pandemie auch gebracht hat, das home-office hat durch sie klar an Bedeutung gewonnen. Viele Arbeitgeber vertrauen ihren Mitarbeitern und lassen sich auf neue Arbeitszeit- und -platzmodelle ein. Menschen mit flexiblen Arbeitsplatzmöglichkeiten sind unabhängiger und am Ende zufriedener.  Wenn sie dann noch abseits der Ballungsräume günstigen Wohnraum auf dem Land nutzen können, die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz entfällt, mehr Zeit für Familie bleibt, evt Lust auf Gemüse aus dem Garten… das klingt doch nach guter Lebensqualität.

Ein Ansatz von uns ist die Revitalisierung von Leerstandsgebäuden aus ehemaliger landwirtschaftlicher Nutzung. Nach heutigen Kriterien erfüllen die Scheunen und Stallungen die Ansprüche an moderne Landwirtschaft nicht mehr und können mit neuen Nutzungen bespielt werden. In den überwiegend großvolumigen Baukörpern entsteht attraktiver Wohn- und Lebensraum, kombiniert mit großzügigen Garten- und Freiflächen und jeder Menge Potenzial für Gemeinschaftsprojekte…. wie z.B. Carsharing, Nachbarschaftshilfe, Permakulturgärten, Reduzierung des Wohnflächenbedarfs durch Clustereinheiten, gemeinsame Gästehäuser, Co-working-Flächen uvm.  Mit der AG Hofreiten der Landesberatungsstelle für Gemeinschaftliches Wohnen entsteht eine hessenweite Plattform, auf der sich Eigentümer, Kommunen, und Nutzer finden und beraten lassen können.

Ein weiterer möglicher Ansatz ist die Genossenschaft. Das Prinzip der Genossenschaft ist gemeinwohlorientiert angelegt. Genossenschaftlicher Wohnraum ist spekulationsfrei und nicht renditeorientiert geprägt. Die Genossenschaft bietet seinen Mitgliedern somit dauerhaft sicheren und kalkulierbaren Raum zum Leben.

Je autarker das Projekt versorgt werden kann, um so zukunftsfähiger ist es im Hinblick auf die Verfügbarkeit unserer Ressourcen. Wasser, Sonne, Wind, Erdwärme lassen sich im ländlichen Raum noch viel besser und effektiver nutzen als in den städtischen Ballungszentren. Große Scheunendächer bieten Platz für Photovoltaik, freie Gartenflächen ermöglichen die Nutzung der Erdwärme über Flächenkollektoren. Regenwasser kann für den Gemüseanbau direkt wiederverwertet und dem natürlichen Kreise zugeführt werden und muss nicht über die Kanalisation verschwendet werden. Fazit: lasst uns die Städte maximal grün machen für alle Stadtliebenden… und lasst uns den ländlichen Raum attraktiv gestalten für alle Landliebenden.