Architektendialog am Runden Tisch 2025 der Bauaufsicht Wiesbaden

Runder Tisch mit der Bauaufsicht Wiesbaden im Haus der Vereine in Wiesbaden Dotzenheim

Nach der Begrüßung und einem kurzen Bericht zur aktuellen Darstellung und zum Arbeiten des Bauamts,  durch die leitende Baudirketorin/Amtsleiterin Frau Matzenauer, war schnell klar, dass ein großes Thema den Dialog dominieren würde…die neue Hessische Bauordnung (seit 14.10.25 rechtsgültig), bzw. der sog. „Bauturbo“.

Daher kurz vorab die Info:

Das Bauamt Wiesbaden ist aktuell sehr gut aufgestellt, die Kundenorientierung zeigt sich in der neuen Beratungsstruktur, den dazu umgestalteten Räumen und der Antragsannahme und vor allem – in der Bearbeitung der Anträge.

Als aktive Architektin in Wiesbaden, die einige – nicht immer einfache- Bauanträge einreicht, kann ich die neue Ausrichtung des Bauamts nur vollständig bestätigen! Die Zusammenarbeit funktioniert wirklich gut, das Bauamt ist erreichbar, Termine sind kurzfristig möglich, Fachbereiche werden zeitnah zu Besprechungen dazu gebeten, z.B. die ebenfalls gut organisierte Untere Denkmalschutzbehörde (Abteilungsleiter Denkmalschutz und Denkmalpflege/ Martin Horsten).

Die anwesenden Architekten und Architektinnen sahen das überwiegend ebenso.

Juliane Fäth, Florian Schrader, Sandra Matzenauer

Frau Fäth (Teamleiterin), berichtete noch zur Antragsannahme und betonte noch einmal, wie wichtig gut strukturierte Bauanträge für eine zügige Bearbeitung sind.

Das noch etwas unklare und unübersichtliche Thema der Genehmigungsgebühren von Abweichungen und Befreiungen wird Thema beim nächsten Dialog sein und wird bis dahin vom Bauamt bearbeitet.

Auch zum digitalem Bauantrag wurde berichtet, dieser wird in Wiesbaden ab dem 01.12.2025 aktiviert!

Größter Tagesordnungspunkt:

Die neue HBO , verkündet am 13.10.2025, Inkraftgetreten am 14.10.2025

Die wichtigsten Änderungen wurden von Florian Schrader /Teamleiter vorgestellt.

Vorab:

Der sog. „Bauturbo“ soll die Schaffung von neuem Wohnraum auch durch Aufstockung oder Nachverdichtung ermöglichen.Dazu wurden Anpassungen in der neuen HBO notwendig, die hier kurz angerissen werden:

§  6      Die Reduzierung der Mindestabstandsflächen auf 2,50m (bei einer max. Höhe von 6,25)

§ 42     Bei einer Aufstockung von bis zu 2 Geschossen, muss kein Aufzug notwendig werden

§ 50     Abweichend von Satz 1 und 2 ist für rechtmäßig bestehende Gebäuden, die zu Wohnzwecken aufgestockt, um-, ausgebaut oder in ihrer Nutzung geändert werden, eine lichte Raumhöhe von 2,10 m ausreichend.

§51     Wohnungen benötigen Abstellräume nur noch in GK 3-5, für Wohnungen, die durch Dachausbau, Aufstockung oder Umnutzung rechtmäßig bestehender Gebäude entstehen, sind keine Abstellräume mehr erforderlich.

Die Erleichterungen beim Brandschutz – nachträglich aufgestockter Bestandsgebäude -wurden mit Nachweisberechtigten für Brandschutz konstruktiv diskutiert

§ 52     Die Anzahl notwendiger Stellplätze erhöht sich nicht, wenn durch nachträglichen Ausbau von Dach- oder Kellergeschossen, Teilung von Wohnungen, die Errichtung von untergeordneten Anbauten sowie durch Umnutzung und Aufstockung von rechtmäßig bestehenden Gebäuden zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. (1a) 1Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 dürfen in den kreisfreien Städten zum 14. Oktober 2025 bei der Errichtung von Wohngebäuden mit bis zu 14 Wohnungen keine Stellplätze und bei der Errichtung von Wohngebäuden mit mehr als 14 Wohnungen nicht mehr als 0,5 Stellplätze je Wohnung gefordert werden.

Hierzu gab es heftige Diskussionen, wie sich dies zukünftig auf den Parkdruck in den Städten auswirken wird.

Weiterer Diskussionsbedarf besteht zu den Änderungen bei Abbrüchen von Gebäuden.

§ 63a     Keiner Baugenehmigung bedarf die vollständige oder teilweise Beseitigung von 

1. Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 nach Abschnitt I der Anlage zu § 63,

2. freistehenden Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3,

3. sonstigen Anlagen, die keine Gebäude sind, mit einer Höhe bis zu 10 m

4. Anlagen der öffentlichen Trägerschaft.

Im Übrigen ist die beabsichtigte Beseitigung von Anlagen mindestens einen Monat zuvor der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen.

Anmerkungen von Herr Horsten: Selbstverständlich müssen für den Abbruch denkmalgeschützter Gebäude eine entsprechende denkmalrechtliche Genehmigung eingeholt werden.

Ob sich das bewährt, wird sich erst zeigen- Die Untere Denkmalschutzbehörde ist sehr besorgt und auch ich -als Architektin im Denkmalschutz- sehe diesen Passus sehr kritisch.

§ 64a      ist neu dazu gekommen und soll ebenfalls das Bauen „vereinfache“ beschleunigen.

Was bedeutet das letztendlich für uns Planende, hier fasst Herr Schrader (Zitate)

so zusammen:

– Der neue §64aHBO, die Auswirkung des §64 HBO und der Entfall der Genehmigungspflicht bei Abbrüchen/Beseitigungen führen zu einer noch höheren Verantwortung der am Bau Beteiligten, insbesondere der Bauherrschaft und der Entwurfsverfassenden!

– Die präventive Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörden wird geschmälert. Hierdurch können zusätzliche baurechtliche Verstöße entstehen, denen die Bauaufsichtsbehörden nur noch repressiv begegnen können.

– Mit dem Entfall, bzw. der massiven Reduzierung von notwendigen Stellplätzen zur Baukostensenkung bei Wohngebäuden wie sich der Parkdruck im öffentlichen Raum massiv erhöhen. Ob ein angemessener und zweckdienlicher Umgang mit dieser Lockerung erfolgt, bleibt abzuwarten…

Es muss sich auch zeigen, ob das „Mehr an Verantwortung“ für uns Architektinnen und Architekten, auch angemessen honoriert wird.

Lassen Sie uns gerne in die Diskussion gehen, damit wir bei der nächsten Vertreterversammlung der Architektenkammer unsere Interessen mit Nachdruck vertreten können!