auf ein WORT: Sascha Querbach

ES BRAUCHT MEHR ALS NUR ANKÜNDIGUNGEN – EIN AUFRUF AN DIE POLITIK!

Die Lage der deutschen Bauwirtschaft spitzt sich weiter zu. Die Anzahl von Bauanträgen und Genehmigungen ist dramatisch eingebrochen. Bauprojekte werden nicht mehr begonnen und nahezu täglich werden Insolvenzen im Bau- und Immobiliensektor verkündet. In den meisten Planungsbüros ist diese Situation längst angekommen – die Auftragslage bereitet Zukunftssorgen.

Der Politik ist die Lage bekannt. Am 25. September 2023 hatte Olaf Scholz zuletzt ins Kanzleramt zum Wohnungsgipfel geladen. Mit einem 14-Punkte-Maßnahmenpaket sollte der Wohnungsbau angekurbelt werden. Mehr als 2 Monate später ist davon wenig bis gar nichts zu spüren. Im Gegenteil – nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts wurde eine weitreichende Haushaltssperre verfügt – die Auswirkungen sind bisher kaum absehbar.

Wie wird nun mit den vielschichtigen Herausforderungen umgegangen?

– Massiv gestiegene Baukosten

– Stark und in Rekordzeit angestiegene Zinsen

– ausufernd lange Bebauungsplanverfahren

– zunehmende Berücksichtigung von Partikularinteressen

– kontinuierliche Erhöhung kostentreibender gesetzlicher Anforderungen (z. B. Energiestandards, Schallschutzanforderungen)

– Bauordnungspluralismus

– Genehmigungsdauer von Bauanträgen / analog statt digital

– Fehlende Planungssicherheit / Verfügbarkeit von Fördermitteln (z. B. KfW)

– Investitionshemmende Anforderungen (z. B. Wertabschöpfung durch Modelle wie Frankfurter Baulandbeschluss)

– Stetig steigende Komplexität (lt. Schätzung des Städte- und Gemeindebunds ca. 20.000 baurelevante Regelungen, davon ca. 4.000 DIN-Normen)

Unterdessen steigt der Wohnraumbedarf ungebremst. Der anhaltende Zuzug in Metropolregionen führt zu einem unvermindert hohen Bedarf an Wohnraum. Insbesondere das Bevölkerungswachstum in Städten wie Frankfurt am Main spiegelt diesen Trend wider. In der 10-Jahres-Betrachtung verzeichnete Frankfurt laut Statistischem Jahrbuch im Durchschnitt einen Zuwachs von rund 10.200 Einwohnern pro Jahr. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,9 Personen hätte dies jährlich die Schaffung von etwa 5.370 zusätzlichen Wohnungen erfordert. Tatsächlich lag der Reinzugang in diesem Betrachtungszeitraum im Mittel bei nur etwa 3.210 Wohnungen. Infolgedessen blieb ein deutlicher Mangel von etwa 2.160 Wohnungen pro Jahr bestehen – über das Jahrzehnt gesehen ein Defizit von insgesamt rund 21.600 Wohneinheiten, beziehungsweise einem Fehlbetrag an Wohnungen für etwa 41.000 Einwohner – und das in den Boomjahren des Bauens.

In der aktuellen Situation stark rückläufiger Bauaktivität wird dies durch verschiedene weitere Faktoren verstärkt. Die anhaltende Zuwanderung und Migration, einschließlich der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Ländern wie der Ukraine, erhöhen den Bedarf zusätzlich. Gleichzeitig gehen geburtenstarke Jahrgänge (Jahrgänge 1946-1964) in den kommenden Jahren in den Ruhestand, was die Notwendigkeit weiteren Wohnraums für die Besetzung freiwerdender Arbeitsplätze unterstreicht. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wird nicht nur für die wachsende Einwohnerzahl entscheidend sein, sondern auch für Unternehmen, die auf einen erschwinglichen Wohnraum angewiesen sind, um qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und zu halten.

Die Deckung dieses steigenden Wohnbedarfs stellt eine der dringendsten Aufgaben dar, um den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der florierenden Metropolregionen gerecht zu werden.

Die Folgen des anhaltenden Mangels an Wohnraum sind vielschichtig und beeinträchtigen weitreichend verschiedene Bevölkerungsgruppen sowie den Wohnungsmarkt im Allgemeinen. Die hohen Gesamtkosten für die Errichtung oder den Erwerb von Wohnraum stellen für weite Teile der Bevölkerung eine finanzielle Herausforderung dar, insbesondere in einem aktuellen Zinsumfeld, das die Finanzierung von Immobilien kaum erschwinglich macht. Diese finanzielle Belastung führt zu einer ausbleibenden Nachfrage nach Wohneigentum. Gleiches gilt für Wohnbauinvestitionen des Kapitalmarkts. In Zeiten, in denen andere Anlageklassen wie Staatsanleihen sicherer und rentabler sind, zeigt sich auch hier eine Zurückhaltung in Investitionen im Wohnungsbau.

Das ständige Hin und Her in den politischen Ankündigungen der Bundesregierung führt daher gerade jetzt zu weiterer Verunsicherung bei Verbrauchern und Kapitalmarkt. Es ist nachvollziehbar, dass Kaufwillige derzeit abwarten. Täglich ist zu lesen, dass die Wohnungspreise sinken – was sich im Wesentlichen auf Bestandsobjekte mit Investitionsstau mit Blick auf die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bezieht. Gleichzeitig stellt die Politik seit längerem Maßnahmen in Form von Förderungen in Aussicht, diese blieben aber bislang aus. Im Ergebnis dauert der Vertrieb im Bau befindlicher Vorhaben deutlich länger und neue Projekte werden nicht begonnen.

Durch die von Beginn bis zur Fertigstellung von Bauvorhaben naturgemäß bedingte „Trägheit“ werden die dramatischen Auswirkungen in Form von signifikant sinkenden Fertigstellungszahlen erst in den kommenden Jahren faktisch zu spüren sein und zu einer weiteren Verknappung von Wohnraum, vor allem in Metropolregionen, wo die Leerstandsquoten ohnehin minimal sind, führen. In Frankfurt am Main beträgt die Leerstandsquote laut empirica aktuell lediglich 0,3%. Die weitere Verknappung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wohnraum und verstärkt die soziale und wirtschaftliche Belastung für Menschen, die dringend auf diesen angewiesen sind. Gleichzeitig führt die Verknappung des Wohnraums zu einem signifikanten Anstieg der Angebotsmieten. Als Beispiel sei hier der Mietspiegel von München genannt, laut dem die durchschnittlichen Nettokaltmieten zwischen den Jahren 2021 und 2023 um 21 Prozent gestiegen sind – Tendenz weiter steigend.

Die Herausforderung, dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden, erfordert dringend nachhaltige Lösungsansätze auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Konstruktive Vorschläge der Bauwirtschaft, um diesem anhaltenden Wohnungsnotstand entgegenzuwirken, liegen seit vielen Monaten vor, haben aber kaum etwas bewirkt:

– Entfall der Grunderwerbsteuer

– Verkürzung der Baugenehmigungszeit auf max. 6 Monate

– Analog zum Gewerbebau Wegfall der Umsatzsteuer im Wohnungsbau

– Klare, verbindliche und zeitlich planbare Förderprogramme durch die KfW

– Verschlankung der Landesbauordnungen

– Entbürokratisierung durch Wegfall überflüssiger Vorschriften und Regulierungen

– Vereinfachung des seriellen und modularen Bauens durch Typengenehmigung

– Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten

Die Zeit drängt, und trotz vieler Diskussionen wie dem GEG und dem Wachstumschancengesetz hat sich bislang auf politischer Ebene kaum etwas getan. Um die genannten Herausforderungen zu bewältigen, ist dringend die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen und schneller Investitionsanreize erforderlich. Geschieht weiterhin nichts, ist der Verlust von Arbeitsplätzen unabwendbar und die Abwanderung von Fachkräften in andere Bereiche die Folge. 400.000 Wohnungen sollten laut Vorgabe der Bundesregierung jährlich entstehen. Laut Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) fehlen bis 2025 bis zu eine Millionen Wohnungen. Wie geht es weiter? Ausgang offen!

Dipl.-Ing. Sascha Querbach
Vorstand BDB-HESSENFRANKFURT, 1. Schriftführer