IMPULSPAPIER zur Wahl zum hessischen Landtag 2023

Mit Blick auf die bevorstehende Wahl zum hessischen Landtag 2023 hat der BDB-HESSENFRANKFURT Positionspunkte formuliert.

Das Impulspapier will anhand fünf exemplarisch ausgewählter Themen Anregungen und Denkanstöße für die Diskussionen zur anstehende Wahl zum Hessischen Landtag 2023 geben:

  • EINFACH BAUEN
  • FACHKRÄFTEMANGEL
  • GRUNDERWERBSTEUER
  • DIGITALER BAUANTRAG
  • WOHNUNGSBAU

EINFACH BAUEN

Seit vielen Jahren bestehen Forderungen, das Bauen einfacher zu machen und die überbordende Fülle gesetzlicher Vorschriften und Regelungen auf ein zwingend notwendiges Maß zurückzuführen. In diese Richtung geht auch die Initiative “Gebäudetyp-e“ der Bayerischen Architektenkammer. Dabei sollen gesetzliche Vorgaben auf den eigentlichen Kern der Schutzziele (Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz) zurückgeführt und auf darüber hinausgehenden Normen und Standards verzichtet werden. Für Hessen empfehlen wir aber, entsprechende Überlegungen nicht zu einem neuen Gebäudetyp in der Bauordnung führen zu lassen, sondern die gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich für alle Bauvorhaben abzusenken.

Hessen braucht eine Überprüfung und Überarbeitung der Hessischen Bauordnung HBO. Die Übernahme von Normen als technische Baubestimmungen in die HBO darf nicht sorglos und automatisch erfolgen. Gesetzliche Vorgaben sollen vom Gesetzgeber und nicht von Normungsinstituten verfasst werden. Die Bauordnung muß einfach Bauen zulassen.

FACHKRÄFTEMANGEL

Nie gab es so viele junge Menschen ohne Berufsabschluß in Deutschland: Über 2,5 Millionen junge Erwachsene in der Altersgruppe 20 bis 34 haben keine abgeschlossene Ausbildung. Und noch nie gab es so viele unbesetzte Berufsausbildungsstellen: Fast 70.000 Berufsausbildungsstellen blieben im Berichtsjahr 2021/2022 unbesetzt, vermeldete die Bundesagentur für Arbeit. Schule und Gesellschaft vermitteln offensichtlich nicht mehr in ausreichendem Maße, daß eine abgeschlossene Berufsausbildung ein anzustrebendes Fundament für das spätere Berufsleben ist. Das muß hessische Bildungspolitik ändern.
Auf hohem Niveau liegt auch die Zahl abgebrochener Ausbildungsverhältnisse. Über 26% aller Ausbildungsverträge werden vorzeitig aufgelöst. Ein nachvollziehbarer Grund ist dabei, wenn auf Seiten des Auszubildenden von falschen Berufsvorstellungen ausgegangen worden ist. Fragt man Betriebe, dann wird dort oft auch mangelnde Integration in das Betriebsgeschehen als Grund für die Auflösung des Ausbildungsverhältnisses genannt.
Ein weiterer Punkt für zu wenige Fachkräfte im bauberuflicher Ausbildung ist, daß handwerkliche Interessensbildung in der Schule zu wenig Raum hat. Das Schulfach ‘Werken‘ kann Begabungen bei handwerklichen Tätigkeiten zu Tage fördern und Jugendliche für handwerkliche Ausbildungsberufe gewinnen.

Bildungspolitik braucht mehr Orientierung und Ausrichtung auf die Berufsausbildung nach der Schule. Defizite beim Schreiben, Lesen und den Grundrechenarten, die von Ausbildungsbetrieben oft auch als Ausbildungshindernis genannt werden, dürfen nicht zum regelmäßigen Mangel schulischer Ausbildung werden. Die Vermittlung von Sekundärtugenden wie Fleiß, Disziplin, Pflichtbewußtsein und Zuverlässigkeit dürfen in die schulische Bildung zurückfinden.

GRUNDERWERBSTEUER

Der Traum der eigenen vier Wände bleibt für viele Deutsche leider unerfüllt. Dabei gewährleistet das Eigenheim Freiheit, ist ein Inflationsschutz und nach wie vor eine gute Altersvorsorge. Es ist daher besonders in diesen Zeiten angebracht, interessierten Eigentumserwerbern keine staatlichen Steine in den Weg zu legen. Die Grunderwerbsteuer bedeutet für viele eine zusätzliche finanzielle Belastung in Höhe der Anschaffungskosten eines Familienwagens. Untersuchungen zeigen dabei deutlich, dass der staatliche Verdienst am Eigenheimtraum nicht nur zu einer niedrigeren Eigentumsquote führt, sondern auch den Staatshaushalt auf Dauer mehr belastet als es einspielt. So ist es auch kein Wunder, dass bei vielen unserer europäischer Nachbarn die eigenen vier Wände die Regel sind, bei uns aber für rund die Hälfte der Eigenheimtraum nicht realisiert wird – mit bekannten gesellschaftlichen Folgen.

Für uns ist klar: Es braucht ein klares Bekenntnis zum Eigenheim und eine wirkliche Förderung dessen. Keine Grunderwerbsteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie privater Bauherren, bessere Abschreibemöglichkeiten und eine spürbare Entlastung bei behördlichen Vorgaben.

DIGITALER BAUANTRAG

Mit dem Onlinezugangsgesetz von 2017 hat der Bund sich auf den Weg gemacht, Verwaltungsvorgänge digital anzubieten. Folgerichtig ist, daß auch das Bauantragsverfahren davon nicht ausgenommen bleibt. Die Ergebnisse dazu sind bisher aber noch überschaubar und insbesondere in Hessen ein Flickenteppich mit Insellösungen. Die Digitalisierung des Bauantrags wurde vom Land zwar gefördert, aber nicht wirklich koordiniert. So haben sich in den hessischen Kommunen unterschiedliche Ansätze entwickelt. Für Architekten und bauantragseinreichende Ingenieure und Unternehmer ist das jetzt die denkbar schlechteste Entwicklung. Neben dem herkömmlichen Verfahren über Papierakten, das in vielen Kommunen immer noch die Regel ist, muß jetzt in anderen Kommune ein jeweils eigenes, dort eingeführtes, digitales Abgabeverfahren berücksichtigt werden. Digitalisierung bringt so nicht die für den Kunden gewünschte Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge, sondern einen deutlichen Mehraufwand mit sich. Und auch für Mitarbeiter der Verwaltung, die von einer Kommune in eine andere wechseln, ist es komplizierter statt einfacher geworden.

Ausgehend von dem Onlinezugangsgesetz des Bundes hat Mecklenburg-Vorpommern federführend ein digitales Bauantragsverfahen entwickelt, das nach dem “Einer für Alle“-Prinzip von den anderen Bundesländern übernommen werden kann. Zehn Bundesländer wollen das tun und orientieren sich daran. Hessen tut das nicht.
Das muß auch nicht sein: Bauen ist Ländersache. Aber:

Hessen braucht ein einheitliches digitales Bauantragsverfahren. Die Antragsangaben und Antragsunterlagen müssen über leicht verständliche und leicht zu bedienenden digitale Verfahren den Bauaufsichten zugehen können. Abläufe des Verfahrens müssen inhaltich im digitalen Prozess erfasst sein. Der Anspruch der Digitalisierung von Verwaltungsabläufen darf sich nicht darin genügen, Papierunterlagen einzuscannen. Digitalisierung muß den Beteiligten nutzen und Verwaltungsprozesse beschleunigen, vereinfachen und transparenter machen.

WOHNUNGSBAU

Niedrige Zinsen und ein darauf basierendes gutes Investitionsklima haben dazu geführt, die originär bei öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften liegende Aufgabe der Schaffung von Sozialwohnungen über die Schaffung von „Sozialquoten“ privaten Bauträgern aufzubürden. Durch Quersubventionierung hat der normale Eigenheimerwerber dabei die Sozialwohnungen mitfinanziert. Das ist in Zeiten hoher Zinsen und eines insgesamt schwierigeren Marktumfeldes nicht mehr möglich.

Wir brauchen eine klare Ausrichtung der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften auf den sozialen Wohnungsbau. Die Verantwortung, der Gesellschaft Sozialwohnungen für einkommensschwache Bevölkerungsschichten zu Verfügung zu stellen, muß gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Hauptaufgabe öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften sein.

Frankfurt am Main, im Juni 2023

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BDB-HESSENFRANKFURT