„Nachhaltigkeit“ – ein oft verwendeter Begriff, aber was steckt dahinter?

Foto: www.ars-tectandi.de

Wenn man heute in Google den Begriff „Nachhaltigkeit“ eingibt, kann man viele Artikel finden und viele Slogans. Jede Dienstleistung und jedes Produkt ist heute gefühlt nachhaltig.

Zitat Laut Wikipedia:
Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme (vor allem von Lebewesen und Ökosystemen) gewährleistet werden soll.“

Seit 2010 setzte ich mich immer intensiver mit diesem Thema auseinander. Über eine Bauherrin bin ich damals auf die Massivholzbauweise aufmerksam geworden und habe dann 2014 die Ausbildung zur Baubiologin beim IBN abgeschlossen um die Zusammenhänge aller Bereiche für Baubiologie kennen- und anwenden zu lernen.

Als gelernte Schreinerin schlägt mein Herz schon immer für den Rohstoff Holz, und was man damit alles herstellen kann. Familiär bedingt habe ich immer eng mit Fertighausfirmen zusammengearbeitet und diese Effizienz und Qualität der vorgefertigten Bauweise, vielen meiner Bauherren nähergebracht. Die Entwicklung des energiesparenden Bauens hatte für mich vor ca. 10 Jahren allerdings ein Bewusstwerden nach sich gezogen, da meines Erachtens der Fokus zunehmend viel zu sehr auf mathematischen Berechnungen lag, die eine Minimierung des künftigen Energieverbrauchs, während der Nutzung, im Auge hatte. Immer mehr technischen Lösungen sind aufgekommen und werden verbaut, die sich selbstverständlich auch auf die Baukosten und die Bewirtschaftungskosten auswirken.

Dieses Parabelfunktion des U-Wertes zeigt, dass der Aufwand überproportional steigt, je niedriger der U-Wert ist, um eine weitere Optimierung der rechnerischen Energieeinsparung zu bewirken.

Quelle: www.egle-engineering.de

Somit ist beispielhaft sehr gut veranschaulicht, dass auch im Hausbau das Paretoprinzip 80/20 angewendet werden sollte – 20 % Aufwand um 80% seines Zieles zu erreichen. Denn um die restlichen 20% für eine gewünschte „Vollkommenheit“ aufzuwenden, werden 80% Energie – in welcher Form auch immer – erforderlich.

Meine Frage lautete also: „Wie baue ich mit einem reduzierten Energieverbrauch, ein optimales Gebäude hinsichtlich Raumkonzept, Statik, Bauphysik, Gebäudetechnik und der Baustoffe – dass im Anschluss dann auch die Kosten für das Betreiben und die Entsorgung ebenso nachhaltig bleiben?“
Meine gefundenen Schlagwörter für die Definition von Nachhaltigkeit schlüsselt sich nun wie folgt auf:

N……      atürlich

A….        uthentisch

CH…       emiefrei

H…         andwerklich hochwertig

A…         ufatmen

L…          anglebig

T…          echnisch verständlich

I…           ndividuell

G…         anzheitlich

K…         lar und kreativ

E…          ffizient

I…           ntelligente Lösungen

T…          oll! 😊

Nun ist dieses Bewusstsein schon sehr stark im Wohnungsbau angekommen – auch Schulen und Kindergärten werden zunehmend mit dem Baustoff Holz umgesetzt. Daher freut es mich ganz besonders, dass nun auch im Landkreis Bad Kissingen / Schweinfurt ein Bürogebäude aus leim- und metallfreien Wand- und Deckenelementen mit der Fa. holzius errichtet werden konnte. Ein Bürogebäude, das auf Grund der Größe die Auflagen des Sonderbaus auch in Holzmassivbauweise einhält.

Foto: www.ars-tectandi.de

Mit vier Konzeptideen des Münchner Architekten Gunther Benkert, kam der künftige Mieter im Jahr 2019 auf die C.R.K. Vermögensverwaltungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Dipl.-Ing. Architekt BDB Carsten R. Kulbe zu, weil er einen Investor für seine Büroräumlichkeiten suchte. Gemeinsam haben wir uns für die Gebäudeform eines „H-Baukörpers“ entschieden, und diese Konzeption detailliert und vielschichtig weiterentwickelt.  Dank der Aufgeschlossenheit des Bauherrn, konnten wir hier intensiv die Möglichkeiten der nachhaltigen Massivholzbauweise diskutieren und nun auch erfolgreich realisieren.

Ziel war bei dieser Konzeption eine wirtschaftliche Lösung im Sinne des Bauherrn umzusetzten. Eine klare Formensprache, eine Gliederung nach Funktionsbereichen des Mieters, Gemeinschaftszonen zur Kommunikation und mögliche Flexibilität für spätere Gebäudeerweiterungen.

Die Massivholzbauweise hat hier exzellent bewiesen, zu was sie alles fähig ist. Mit nur 120 mm starken Außenwänden und einer 120 mm starken mineralischen Dämmschicht konnte dennoch eine lichte Raumhöhe von ca. 4,00 m erzielt werden. Schlanke Stützen im Innenbereich (180 mm x 180 mm) mit einem Unterzug 180 x 240 mm lassen sich in die Innenarchitektur der Bürozonen sehr gut integrieren. Mit einer Deckenstärke von 140 mm findet der Flachbau einen filigranen Abschluss.

Ebenso sollte mit der Architektur die Konstruktion und die Technik sichtbar bleiben, nach dem Vorbild einer Industriehalle. Ein kostenintensives „Verstecken“ war daher nicht notwendig. Dennoch galt es eine angenehme Atmosphäre sicherzustellen, da in diesem Gebäude bis zu 100 Mitarbeiter einen Großteil Ihres Tages verbringen.

Die Gebäudehülle unserer Bauwerke ist heute mehr denn je wie eine zweite Haut für uns Menschen zu betrachten. Wir verbringen ca. 90% unserer Tages- und Nachtzeit in Räumen. Wir sehen und nehmen bewusst oder unbewusst die Wirkung der Materialien wahr, wir riechen, wir fühlen und wir nehmen die Stoffe, die unsere Baumaterialien an die Umgebungsluft abgeben mit unserer Haut auf.

Die leim- und metallfreie Holzmassivkonstruktion trägt zu einem angenehmen Umfeld erheblich bei. Als naturnaher Baustoff muss er nur sehr gering weiterverarbeitet werden. Die konstruktiven Qualitäten der Natur können hierbei statisch und technisch genutzt werden. Die Behaglichkeit und Wärme des Baustoffes sorgt für ein angenehmes Arbeitsklima. Die innovative Lösung des Wandaufbaus durch sein Verkämmen und den Gratleisten zur Verbindung der einzelnen 60mm dicken Bohlen ermöglicht eine folienfreie Konstruktion. Reinheit, Klarheit der Bauteile und damit der Details sorgen für eine schnelle Bauzeit.

Aktuell befindet sich das Gebäude in der zweiten Errichtungsphase – kurz nach dem Richtfest im Juli 2021. Der Einzug ist für Ende 2021 geplant.

Ich bin sicher, dass der aktuell stattfindende Wandel unseres Bewusstseins, auch beim Bauen positive Veränderungen nach sich zieht.

Ganzheitlich – weniger ist mehr – klar – einfach und dennoch modern – ……….. hier ist noch viel möglich! Packen wir´s an!

Petra Wiesner-Molitor
AG Holzbau + Baubiologie
BDB-HESSENFRANKFURT