CO2-Steuer hat keinen hohen ökologischen Nutzen und führt zu sozialen Härten

Thomas M. Reimann in der Landespressekonferenz Hessen der VhU

Der Vorstandsvorsitzende des mittelständischen Bauunternehmens ALEA AG, sowie ehrenamtlich engagierter BDB-Vorstand und Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienausschusses Thomas M. Reimann mit einem Statement zum Klimaschutz in der Landespressekonferenz am 02. Juli 2019 in Wiesbaden:

Ich halte es für einen Irrglauben, dass eine CO2-Steuer einen hohen ökologischen Nutzen hat. Das zeigt die Einführung der Ökosteuer vor 20 Jahren, die nicht dazu geführt hat, dass der CO2-Ausstoß im Bereich Straßenverkehr signifikant gesunken wäre. Das ist auch nur logisch. Die Leute müssen schließlich irgendwie zur Arbeit kommen und wollen auf individuelle Mobilität nicht verzichten. Deshalb sind sie bereit, auch hohe Spritpreise zu zahlen.

Als mittelständisches Bauunternehmen haben wir 23 LKW und Transporter im Hoch- und Tiefbau im Einsatz. Was würde sich für uns durch einen deutlich höheren Spritpreis ändern? Nicht viel. Denn unsere Konkurrenten kommen genauso wenig um den Einsatz von LKW herum wie wir. Solange Baumaterialien an- und abtransportiert werden müssen, so lange ließen sich die Mehrkosten auf den Kunden abwälzen. Eine CO2-Steuer müsste für unseren Bereich also mit dem mehr oder weniger offenen Zwang zu Elektromobilität ergänzt werden.

Gleichzeitig brauchen wir aber möglichst sofort vorzeigbare Erfolge beim Klimaschutz im Straßenverkehr. Und deshalb halte ich ein System für richtig, dass den Unternehmen ebenso wie den Friday-for-Future-Bewegung die Gewissheit gibt, dass die politischen Ziele auch erreicht werden.

Wenn der CO2-Ausstoß durch Benzin, Diesel und Gas im Straßenverkehr gedeckelt ist und von Jahr zu Jahr sinkt, bedeutet das für uns Planungssicherheit und eine Vielzahl interessanter Optionen. Wir wüssten, dass fossile Kraftstoffe knapper würden und hätten eine breite Palette an Möglichkeiten, uns darauf einzustellen: E-LKW habe ich genannt, aber auch Brennstoffzellen sind eine Möglichkeit im Verteilverkehr und schließlich könnten wir auch verstärkt auf alternative, treibhausgasneutrale Kraftstoffe setzen. Die Anbieter müssten mich im Wettbewerb um die beste Lösung mit innovativen und preisgünstigen Lösungen überzeugen. Das setzt bei Unternehmen viel mehr Kraft frei, als das stumpfe Befolgen von Vorschriften.

Gleichzeitig gäbe es dann auch keine klimapolitische Rechtfertigung mehr, Regulierungen zu verschärfen oder neue zu erfinden. Vier Beispiele zum Straßenverkehr:

  1. Steuern auf fossile Kraftstoffe sollten nicht erhöht oder neu eingeführt werden! Ziel der Klimapolitik darf nicht die Verteuerung von Produkten und Verhaltensweisen sein, sondern es geht um die Verringerung des CO2-Ausstoßes.
  2. Auch die CO2-Grenzwerte für neue PKW und LKW sollten nicht weiter als aktuell beschlossen verringert werden. Das wäre auch gar nicht nötig, weil ich als Kunde ja weiß, dass ein hoher Verbrauch mich eher teuer kommt.

Klimapolitisch ist zu bedenken: Die Grenzwerte verringern nur den CO2-Ausstoß von Neuwagen, nicht aber den von Millionen Bestandsfahrzeugen. Und sie berücksichtigen nicht die Laufleistung der Autos. Hingegen leistet genau das der CO2-Deckel für den Straßenverkehr.

Und, lassen Sie mich das als Familienunternehmer sagen: Der CO2-Deckel hat auch den Vorteil, dass er nicht durch kriminelle Seilschaften in einem Autokonzern umgangen werden kann.

Thomas M. Reimann

Im Sektor Gebäude geht es beim Energieverbrauch vornehmlich um die Raumwärme und um die Kühlung. Wenn ich die klimapolitische Debatte verfolge, so fällt mir auf, dass sie sehr praxisfern geführt wird. Da wird über die Frage gestritten, ob selbst erzeugter Solarstrom auch dann vom Gesetzgeber als Eigenverbrauch gewertet werden soll, wenn damit eine Elektroheizung betrieben wird und wie Warmwasserspeicher gegenüber Batteriespeichern zu behandeln sind. Da werden die geltenden Effizienzstandards für Neubau und Sanierung immer weiter verschärft, obwohl schon heute die Wirtschaftlichkeit oft nicht mehr gegeben ist.

Mit der Lebensrealität meiner Kunden hat das alles nur sehr wenig zu tun. Niemand, der neu baut, will ein Haus, bei dem der Wind durch die Fenster zischt. Aber es gibt eben auch Menschen, deren Haus vielleicht gerade einmal 50.000 Euro wert ist. In Nord- und Mittelhessen ist das keine Seltenheit. Diese Menschen haben dann in der Regel auch nicht das Einkommen, einen sechsstelligen Betrag für eine vollständige energetische Sanierung auszugeben.

Und nun diskutiert die Politik darüber, Ölheizungen zu verbieten oder Heizöl so teuer zu machen, dass die Leute freiwillig aufhören, mit Öl zu heizen.

Gerade im Eigenheimbereich sind die immer anspruchsvolleren Bauvorschriften aus klimapolitischer Sicht kontraproduktiv. Viel sinnvoller wäre es, jeder könnte an seinem Häuschen das machen, was er sich gerade leisten kann. Das heißt dann vielleicht in einem Jahr die Fenster, in einem anderen das Dach und später dann auch die Fassade dämmen. Oder auch die Ölheizung erneuern. 50 Prozent der Ölheizungen in Deutschland sind älter als zwanzig Jahre, eine Erneuerung spart sofort 30 Prozent Heizöl – und somit CO2 – ein. Aber was macht die Politik? Sie droht mit einem Verbot von Ölheizungen und verspricht seit Jahren die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung – und liefert nicht.

Und der Eigenheimbesitzer? Der wartet ab. So kann das nicht weiter gehen.

Mit einem CO2-Deckel hätten Hausbesitzer die Sicherheit, dass sie etwas tun müssen. Es stünde ihnen aber frei, was sie tun. Ob sie schrittweise ihr Haus energetisch sanieren, auf Elektroheizung oder Wärmepumpe setzen, von Öl auf Gas umsteigen, die Heizung erneuern, alternative Brennstoffe oder Brennstoffzellen nutzen oder einfach sparsamer heizen – jeder könnte sich frei entscheiden. Das Klimaschutzziel würde durch den Deckel so oder so garantiert erreicht.

Eine CO2-Steuer hingegen würde ebenso wie ein Sanierungszwang zu nicht vertretbaren sozialen Härten führen. Sollen nur noch die Reichen heizen, während den Armen das Häuschen gepfändet wird, weil sie sich die Sanierung nicht leisten können?

Die Europawahl hat doch gezeigt, dass die Klimafrage unser Land zu spalten droht. In arm und reich, Land und Stadt, Ost und West. Das dürfen wir nicht zulassen. Richtig ist, dass es Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt. Aber gerade deshalb ist ein CO2-Deckel einer CO2-Steuer vorzuziehen. Denn die gesetzliche Deckelung der CO2-Emissionen würde es dem Staat erlauben, die Bürger dort, wo soziale Härten drohen, zu entlasten. Bislang belastet der Staat Energie mit 80 Milliarden Euro pro Jahr. Drohen soziale oder wirtschaftliche Härten, könnte er leicht auf einen Teil dieses Betrags verzichten – die ökologische Wirkung des CO2-Deckels wäre davon nicht berührt. Ganz im Gegenteil zur CO2-Steuer, deren Wirkung erst durch Kostendruck entsteht.

Wenn der CO2-Ausstoß durch Heizöl und Erdgas auch in diesem Sektor gedeckelt wäre und von Jahr zu Jahr sinkt, gäbe es keine klimapolitische Rechtfertigung mehr, einzelne Regulierungen zu verschärfen oder Neue einzuführen. Drei Beispiele dazu:

  1. Die Energieeinsparverordnung müsste nicht weiter verschärft werden.
  2. Im Rahmen eines Systems der CO2-Obergrenzen sind auch Umbaupflichten in bestehenden Gebäuden oder ein Verbot von Öl- oder Gasheizungen völlig nutzlos und könnten weiterhin unterbleiben.

Wir in der Bauwirtschaft kennen unsere Kunden persönlich und sind durchaus in der Lage, jedem Kunden ein für ihn passendes Angebot zu unterbreiten. Und genau diese Entscheidung über die beste Technik soll die Politik dem Wettbewerb im Markt überlassen.

Ich danke Ihnen.“

Thomas M. Reimann