IMPULSPAPIER zur Wahl zum Hessischen Landtag 2018

 

Mit Blick auf die bevorstehende Wahl zum hessischen Landtag 2018 hat der BDB-HESSENFRANKFURT Positionspunkte formuliert.

Das Impulspapier will anhand fünf exemplarisch ausgewählter Themen Anregungen und Denkanstöße für die Diskussionen zur anstehende Wahl zum Hessischen Landtags 2018 geben:

 

  • WOHNUNGSBAU
  • FACHKRÄFTEMANGEL
  • GRUNDERWERBSTEUER
  • BAUMINISTERIUM
  • SCHWARZARBEIT

 

 

 

 

WOHNUNGSBAU

Seit vielen Jahren hat sich die öffentliche Hand zunehmend aus der Thematik Wohnungsbau verabschiedet. Erst wurden hunderttausende öffentliche Wohnungen privatisiert, Subventionen, wie z. B. die Eigenheimzulage gestrichen und dann noch die wohnungsspezifischen Steuern, wie Mehrwertsteuer, Grunderwerbssteuer und Grundsteuer massiv in den letzten Jahren erhöht. Außerdem wurden die Abschreibungsmöglichkeiten von Gebäuden verschlechtert. Neben der fehlenden Baulandausweisung durch die Kommunen und dem durch eine verfehlte Bildungspolitik verursachten Fachkräftemangel im Baubereich sind dies die wesentlichen Ursachen für die massiven Kostensteigerungen beim Wohnen.

 

Die öffentliche Hand verfügt in Hessen auf Landes- und kommunaler Ebene über eine Vielzahl von eigenen Wohnungsbaugesellschaften. Diese bauen jedoch in der Regel überwiegend keine geförderten bzw. preis­reduzierten Wohnungen, wie es eigentlich ihr Gründungsauftrag wäre, sondern konkurrieren mit privaten Bauträgern am freien Wohnungs­markt. Sie erwirtschaften dadurch regelmäßig Überschüsse, die Sie an ihre öffentlichen Gesellschafter abführen müssen. Hier wird also der Wohnungs­bau ein weiteres Mal, neben direkten Steuern und Abgaben, als staatliche Einnahmequelle genutzt.

 

Anstatt die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften zu verpflichten, ihrer ureigenen Aufgabe nachzukommen, nämlich kostengünstigen Wohnraum zu schaffen, bürden hessische Kommunen diese Aufgabe in Form von „Sozialquoten“ zwischen 30 – 45% der zu errichtenden Wohnungen zunehmend den privaten Bauträgern auf. Dies ist freilich nur durch eine Quersubventionierung innerhalb des Projekts zu finanzieren. D. h. die freien Wohnungen müssen entsprechend sehr viel teurer verkauft werden. Das trifft die Mittelschicht, die es ohnehin auch schon längst schwer hat sich mir Wohnraum zu versorgen, hart. Auch hier ist der öffentlichen Hand eine Verschärfung des Wohnungsproblems anzulasten.

 

Die öffentliche Hand muss deshalb dringend das Schröpfen des Wohnungsbaus beenden und tatsächliche Förderungen auf den Weg bringen.

 

 

FACHKRÄFTEMANGEL

Der Fachkräftemangel im Baubereich hat mittlerweile – auch im Verhältnis zu anderen Branchen – katastrophale Ausmaße angenommen. Dies ist vor allem auf eine seit Jahrzehnten verfehlte Bildungspolitik sowie einer gesellschaftlichen Minderschätzung der Bauberufe zurückzuführen. Beides wirkt hierbei zusammen und hat sich gegenseitig zunehmend verstärkt.

 

Die Zahlen belegen die völlige Fehlsteuerung in der Bildungspolitik: In vielen hessischen Kommunen ist durch einem Schüleranteil von weit über 60% das Gymnasium längst zur neuen „Hauptschule“ geworden. Der gymnasiale Abschluss, das Abitur war ursprünglich als Nachweis der Studienfähigkeit gedacht. Das ist durch das zwangsläufig massiv gefallene Bildungsniveau durch die gymnasiale Verbreiterung schon lange nicht mehr gegeben. Über 50% Studienabbrecher in der ersten beiden Semestern, bei Natur- und Ingenieurwissenschaften noch deutlich mehr, sprechen für sich. Auch bei höheren Semestern beklagen sich Hoch­schulen über einen hohen Anteil von Studenten mit keinen ausreichenden akademischen Fähigkeiten. Deshalb fordern die Hoch­schulen nun verstärkt eigene Zulassungsprüfungen, was einigermaßen absurd ist, sollte das Abitur doch eigentlich genau diesen Nachweis erbringen.

 

Seit 1990 hat sich die Zahl der Hochschulstandorte in Deutschland von 232 auf 619 fast verdreifacht. Von 1,8 Mio. Studenten in 1996 hat sich die Zahl der Studenten um 1,0 Mio. auf mittlerweile 2,8 Mio. erhöht. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Lehrlinge im Handwerk fast halbiert. Seit über 4 Jahrzehnten wird über Medien und Politik die falsche Vorstellung verbreitet, dass die berufliche Zukunft ausschließlich in der Akademisierung liegt, da der technologische Fortschritt traditionelle Arbeitsplätze vernichten würde. Das ist schlichtweg falsch. Auch in den mindestens  nächsten 4 Jahrzehnten wird es Menschen brauchen, die Wände verputzen und Fliesen verlegen. Im Gegenteil: Durch den massiven Rückgang an qualifizierten Handwerkern ergeben sich große berufliche Chancen für die heranwachsende Generation.

 

Der derzeitige Mangel in Quantität und Qualität an Fachkräften im Baubereich führt zu Kostensteigerungen und längeren Bauzeiten. Der Alltag auf deutschen Baustellen ist mittlerweile geprägt von angelernten Hilfsarbeiten ohne deutsche Sprachkenntnisse. Die Schlechtleistung dieser Arbeitskräfte führt zu übermäßigem Ausschuss, der zusätzlich neben der Verknappung für höhere Kosten verantwortlich ist. Neben den wirtschaftlichen Konsequenzen ergibt sich aus dieser Misere jedoch auch ein Verlust an Baukultur, da anspruchsvolle Handwerkstechniken, wie z.B. das Ornamentieren von Fassaden schlicht nicht mehr abrufbar sind. Das Ergebnis sind vielfach sichtbar billige und einfache „Kisten“.

 

Die Bildungspolitik muss dringend ihr Dogma der Akademisierung verlassen und handwerkliche Berufe in den Fokus nehmen. Hierzu gehört dringend auf eine entsprechende Aufklärung auf gesellschaft­licher Ebene, um die Akzeptanz und Attraktivität solcher Berufe zu stärken.

 

 

GRUNDERWERBSTEUER

Das Grunderwerbsteueraufkommen hat sich innerhalb weniger Jahre in Hessen vervielfacht. Der Satz wurde von 3,5% auf 6% fast verdoppelt. Ein Großteil der Grunderwerbsteuer fällt beim Verkauf von Wohngrundstücken und Wohngebäuden an. Die massiven Erhöhungen der Grunderwerbsteuer, wirken sich beim Wohnen besonders eklatant aus, da die Grunderwerb­steuer bei einer Eigentumswohnung in der Regel gleich zweimal anfällt: Das erste Mal wenn der Bauträger das zu entwickelnde Grundstück kauft und dann ein weiteres Mal beim Verkauf der fertigen Wohnung. Es steht in einem offensichtlichen Missverhältnis, dass die Staatskasse u. a. über die Grunderwerbsteuereinnahmen übermäßig vom Wohnungsbau profitiert, davon jedoch nur einen Bruchteil z. B. in Form von Förderungen zurückführt.

 

Die Grunderwerbsteuer muss deshalb zwingend wieder reduziert werden und die Einnahmen zweckgebunden für die Schaffung von Wohnraum verwendet werden.

 

 

BAUMINISTERIUM

Die Bau- und Immobilienbranche ist mit weitem Abstand die größte die Branche in Deutschland. Die politische Repräsentanz wird dieser Bedeutung schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gerecht. Auf Bundes- und Landesebene ist es zur Regel geworden, dass das Bauministerium wahlweise ein Anhängsel von anderen Ministerien, wie z.B. Umwelt, Reaktorsicherheit oder – nun im Bund – Inneres darstellt. Die dadurch entstehenden Interessenskonflikte und nur begrenzt vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen liegen auf der Hand.

 

Es ist deshalb mehr als überfällig endlich wieder ein eigenes (Wohnungs-)Bauministerium einzurichten, dass sich einzig und allein mit aller Kraft und Kompetenz der größten Branche und dem größten sozialen Problem unserer Zeit, dem fehlenden Wohnraum, widmet.

 

 

SCHWARZARBEIT

Der einfachste Weg, um Schwarzarbeit und Lohndumping zu vermeiden, ist die Vergabe an präqualifizierte Unternehmen, die in regelmäßigen kurzen Abständen fremdüberwacht werden, was zusätzliche Kontrollarbeit bei der Vergabestelle vermeidet. Ein einfaches, schnell umzusetzendes und gerechtes Modell der Vergabe öffentlicher Aufträge.

 

Das Vergabegesetz und die damit verbundenen Richtlinien gehört grundlegend reformiert, da die öffentliche Hand im Rahmen ihrer Vergaben oft nur den billigsten Bieter berücksichtigen, ohne Tariftreue oder gesetzliche Vorgaben zu hinterfragen, zu bewerten oder gar zu überprüfen.

 

 

Frankfurt am Main, im September 2018

 

 

Download Impulspapier zur Wahl zum Hessischen Landtag 2018

 

 

Unser besonderer Dank gilt Tobias Rösinger (Referat Baumeister (Projektentw./gewerbl. Arch.) BDB-HESSENFRANKFURT) und Thomas M. Reimann (Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit BDB-HESSENFRANKFURT), für Ihre engagierte Mitarbeit.

 

BDB-HESSENFRANKFURT