
Die Mitgliederversammlung des BDB-HESSENFRANKFURT fand dieses Jahr im Stadtplanungsamt statt. In einem der Mitgliederversammlung vorausgehenden Vortrag informierte Martin Hunscher, Leiter des Stadtplanungsamtes Frankfurt über die aktuellen Projekte und Herausforderungen in der Stadtentwicklung in Frankfurt am Main.
Grundlage der Stadtplanung in Frankfurt ist die neue Leipzig Charta 2020, die urbane Resilienz zum Ziel hat. Danach sind Leitbilder für die Stadtplanung: Dichte, Nutzungsmischung, Innenentwicklung, Gemeinwohlorientierung, Baukultur, sozialer Zusammenhalt und Transformationsfähigkeit. Daraus entstand das integrierte Stadtentwicklungskonzept Frankfurt am Main 2030+.

Aktuelles Vorzeigequartier ist das Klimaschutzquartier Hilgenfeld. Hier sollen exemplarisch neben den o.g. Leitbildern auch die Vorgaben aus dem Baulandbeschluß der Stadt Frankfurt umgesetzt werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Frankfurter Stadtentwicklung ist der neue Stadtteil Frankfurt Nordwest. Die Bereiche jenseits der Autobahn sind aus der Beschlußvorlage herausgenommen worden. Die Planungen beschränken sich aktuell auf die an Niederursel und Praunheim angrenzenden Flächen.
Spannend ist das Konzept der Nutzungsmischung im produktiven Quartier Gutleut-West. Das Nebeneinander vollkommen gegenläufiger Nutzungen ist eine besondere Herausforderung für die Umsetzung durch Architekten und Ingenieure und Bauunternehmen.
Für den Innenstadtbereich wurde der Hochhausentwicklungsplan 2024 mit den neuen Hochhausstandorten vorgestellt. Für neue Hochhäuser wird Nachhaltigkeit eingefordert. Die neuen Gebäude sollen mindestens den Standard KfW Effizienzgebäude 40 einhalten. Seitens der Stadtplanung wird von Projektentwicklern zudem mehr Konzepttiefe gefordert. Wenig qualitätvolle Vorschläge sollen aus der Diskussion gehalten werden.

Weiter wichtiges Themengebiet der Stadtplanung ist die Nachverdichtung. Insbesondere im mittleren Norden wird hier bei diversen vorhandenen Siedlungsstrukturen Potential gesehen.
Dipl.Ing. (FH) BDB Andreas Ostermann bedankt sich sehr bei Martin Hunscher für die Ausführungen und leitet in die offene Diskussion über, die den Anwesenden die Möglichkeit gibt für Nachfragen und auch kritische Stellungnahmen. Insbesondere der Baulandbeschluß wird als Hemmschuh für Projektentwicklung in Frankfurt gesehen. Städtische Vorzeigeprojekte wie das Hilgenfeld, daß aber von einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft finanziert wird, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Einschränkung der Freiheit der Investoren zu weniger Wohnungsbau führt. Auch die vielen städtischen Satzungen sind gegenstand der Diskussion. Hier wird gefordert, Satzungen auch wieder zurück zu nehmen und nicht nur immer neue Satzungen einzuführen.

Nach Abschluß des öffentlichen Teils und einer kurzen Pause wurde die den Mitgliedern des BDB-HESSENFRANKFURT vorbehaltene Mitgliederversammlung eröffnet.
Dipl.-Ing. (FH) BDB Andreas Ostermann begrüßt in seiner Funktion als erster Vorsitzender des BDB-HESSENFRANKFURT Ulrich Caspar, Mitglied des BDB-HESSENFRANKFURT und Präsident der IHK Frankfurt am Main, und gibt Caspar die Gelegenheit, zu aktuellen Themen der Bau- und Immobilienbranche aus Sicht der Wirtschaft zu sprechen:
Caspar nimmt Bezug auf den der Mitgliederversammlung vorausgegangenen Vortrag von Martin Hunscher, Leiter des Stadtplanungsamts, und spricht sich klar für die Ansiedlung von Rechenzentren in Frankfurt aus. Er vergleicht die Nachfrage aus der Digitalbranche mit der starken Nachfrage der Finanzbranche nach Gewerbeflächen in der Zeit des Wirtschaftswunders nach dem Krieg und die daraus resultierende positive wirtschaftliche Entwicklung für die Stadt. Digitalisierung braucht entsprechende Infrastruktur. Die Chancen, die sich daraus für Frankfurt ergeben, sollten genutzt werden.
Sehr kritisch äußert sich Caspar auch zum Baulandbeschluss in Frankfurt. Dieser habe mit dazu geführt, dass Projekte nicht in Frankfurt sondern eher außerhalb Frankfurts entwickelt werden. Als Beispiel dafür, daß es nicht funktioniert, sozialen Wohnungsbau losgelöst von den Rahmenbedingungen der Gebäudebewirtschaftung zu platzieren, führt Caspar das Projekt ‘Four Frankfurt‘ an. Die sich aus dem Gebäude ergebenden Nebenkosten für die Wohnungen können von der Zielgruppe für sozialen Wohnungsbau kaum bezahlt werden.
Als weiteren Punkt empfiehlt Caspar, den Umfang städtischen Satzungswesens stark zurückzunehmen. Insbesondere die Stellplatzsatzung sei ein aus der Zeit gefallenes Instrument. Andere Städte – wie beispielsweise Berlin – zeigen, dass ohne eine feste Stellplatzsatzung in Summe gar nicht weniger Stellplätze gebaut werden als mit Stellplatzsatzung. Die Bauherren entscheiden nur zielgenauer, ob für ihr Projekt keine Stellplätze oder sogar mehr als nach einer früheren Stellplatzsatzung erforderlich sind.
Als weiteres Beispiel für eine zu überdenkende Satzung führt Caspar die Vorgartensatzung an. Die für erholungswert und sozialen Zusammenhalt wertvolleren Räume könnten beispielsweise in den Innenhöfen der Gründerzeitviertel geschaffen werden. Stattdessen ist Realität, dass seitlich am Haus vorbei eine versiegelte Fahrstraße verläuft und im Hof Flächen für’s Parken und als Mülltonnenstandplätze freigehalten werden. Die Vorgartensatzung verhindert, daß die Funktionsbereiche bestmöglich von Architekten dort geplant werden können, wo sie für das jeweilige Projekt am sinnvollsten sind.
Insgesamt würde eine Reduzierung des Satzungswesens dem Architekten oder dem gestaltenden Ingenieur mehr Freiheit geben, die wir dringend brauchen, wenn wir zu mehr Wohnungsbau kommen wollen.
Nach Abschluß des Austauschs zum Diskussionsbeitrag von Ulrich Caspar wird nach der Tagesordnung der regulären Mitgliederversammlung vorgegangen:
Seitens des Vorstands wird zu den Aktivitäten 2024 berichtet. Erfreulich ist die gelungene Wiederaufnahme der Veranstaltungsreihe BDBimDAM sowie die Baustellenbesichtigungen. Im Sinne unserer berufspolitischen Belange ist auch der Dialog mit den Fraktionen im hessischen Landtag zielführend. Dazu gekommen ist der Austausch mit den Bauämtern in Frankfurt, Wiesbaden und Offenbach.
Hervorgehoben wird besonders die wichtige Funktion des BDB-HESSENFRANKFURT als Koordinator der Impulse für den Wohnungsbau. Die Initiative bündelt die Interessen der Wertschöpfungskette der Baubranche wie keine andere und ist klare Positionierung für bezahlbares Wohnen in Hessen.
Architektin BDB Elke Rühl, Referat Öffentlichkeitsarbeit, verweist bzgl. ihres Aufgabenbereiches auf den als Tischvorlage vorliegenden Pressespiegel. Schwerpunkt ihrer eigenen Arbeit ist das Engagement in der AKH. Ein großer Erfolg war dabei das Ergebnis der AKH-Wahl Anfang des Jahres 2024. Der BDB-HESSENFRANKFURT hat den größten prozentualen Zuwachs aller zur Wahl stehenden Organisationen verzeichnen können und ist mit Kollegen Rösinger im Vorstand und mit 5 Sitzen in der Vertreterversammlung vertreten.
Ergänzend wird Architekt BDB Tobias Rösinger als höchster Vertreter des BDB-HESSENFRANKFURT in der AKH die Möglichkeit gegeben, über die Arbeit in der AKH zu berichten:
Die Arbeit der AKH – insbesondere im Vorstand – wird weniger auf den Blickwinkel gewerblicher Architekten und der Arbeitsrealität kleiner und mittlerer Architekturbüros ausgerichtet. Vielmehr scheinen eher die Denkweise großer Architekturbüros prägend. Für die Positionierung der Interessen kleiner und mittlerer Architekturbüros sollen stärker Kooperationen mit Verbänden und Wahlgruppen ähnlicher Interessenslage gesucht werden.
Der Kassenbericht wird von Kollege Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn erläutert. Kkollege Rainhard Schott trägt den Kassenprüfbericht vor und beantragt Entlastung für den Vorstand, die einstimmig erteilt wird. Ebenso wird der neue Haushaltsplan einstimmig angenommen.

Ein besonderes Anliegen ist es, Mitgliedern für Ihre langjährige Mitgliedschaft zu danken. In diesem Jahr wurden Joachim Schneider für 40-jährige Mitgliedschaft und Hans P. Heffels für 50-jährige Mitgliedschaft geehrt. Der BDB-HESSENFRANKFURT dankt mit Ehrennadel, Urkunde und Präsent für die Treue und die Förderung der berufspolitischen Belange.
BDB-HESSENFRANKFURT